Artikel vom 18.02.2024

BGH-Urteil: Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen ist grundsätzlich verboten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil (Az. VI ZR 287/22) erneut klargestellt, dass das Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen grundsätzlich untersagt ist. Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen und bringt Klarheit für Verkehrsteilnehmer. Doch welche Ausnahmen gibt es, und was bedeutet das für die Haftung bei Unfällen?

Hintergrund des Urteils

Der Unfall ereignete sich, als der Kläger sein Fahrzeug vorwärts in einer Grundstückszufahrt abgestellt hatte, die sich an einer Einbahnstraße rechtwinklig in Fahrtrichtung rechts befand. Die Beklagte fuhr mit einem Fahrzeug in Fahrtrichtung der Einbahnstraße an der Grundstückszufahrt vorbei. Sie hielt im Bereich einer gerade freiwerdenden Parklücke links parallel zur Fahrbahn, etwa auf Höhe der Grundstückszufahrt, um in diese einzufahren. Dabei kollidierte das Fahrzeug des Klägers, als dieser rückwärts in einem Rechtsbogen aus der Grundstückszufahrt fuhr und die Beklagte einige Meter rückwärts fuhr, um einem aus der Parklücke herausfahrenden Fahrzeug Platz zu machen.

Entscheidungsgründe des Gerichts

Das Gericht entschied, dass der Kläger gegen § 10 Satz 1 StVO verstoßen habe, indem er die Vorfahrt der Beklagten missachtet habe. Obwohl die Beklagte vor der Kollision rückwärts auf der Einbahnstraße gefahren sei, um einem ausparkenden Fahrzeug Platz zu machen, sei dies keine zulässige Handlung gewesen. Der Kläger habe auch gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen, da er entweder gestanden habe oder rückwärts gefahren sei, als es zur Kollision kam. Der Anscheinsbeweis spreche gegen den Zurücksetzenden, wenn er zum Kollisionszeitpunkt bereits zum Stehen gekommen sei. Die Beklagte habe jedoch nicht gegen das Gebot, die Einbahnstraße nur in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung zu befahren, verstoßen. Ihr Rückwärtsfahren sei eine Behelfsmaßnahme gewesen, um dem ausparkenden Fahrzeug Platz zu machen, und daher auf Einbahnstraßen auf kurzer Strecke zulässig.

BGH bestätigt Verbot mit Ausnahmen

Der BGH machte in seinem Urteil deutlich, dass das Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen grundsätzlich verboten ist. Diese Regelung gilt für alle Verkehrsteilnehmer und trägt dazu bei, Unfälle und Gefahrensituationen zu vermeiden.

Allerdings existieren zwei Ausnahmen von diesem Verbot:

  • Das Rangieren beim Rückwärtseinparken ist gestattet, sofern dies sicher und verantwortungsbewusst erfolgt.
  • Das Rückwärtsfahren aus einem Grundstück auf eine Einbahnstraße ist erlaubt, jedoch muss dabei stets auf den fließenden Verkehr geachtet werden.

Auswirkungen auf Haftungsfragen

Das Urteil des BGH hat auch Auswirkungen auf die Klärung der Haftung bei Unfällen in Einbahnstraßen. Die Richter betonten, dass Verkehrsteilnehmer grundsätzlich nicht damit rechnen müssen, dass sich entgegen der Fahrtrichtung andere Fahrzeuge in der Einbahnstraße befinden. Daher kann das Rückwärtsfahren in solchen Straßen zu einer erhöhten Haftung führen.

Bußgelder in Einbahnstraßen

Obwohl das Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen selbst nicht mit einem Bußgeld geahndet wird, können andere Regelverstöße in solchen Straßen zu Geldbußen führen. Eine Übersicht über die Bußgelder laut offiziellem Bußgeldkatalog:

  • Einbahnstraße in falscher Richtung befahren: 50 €, bei Sachbeschädigung 70 €
  • In Einbahnstraße entgegen der Fahrtrichtung geparkt: 15 €
  • Einbahnstraße mit dem Rad in falscher Richtung befahren: 20 €

Fazit

Das Urteil des BGH schafft Klarheit bezüglich des Rückwärtsfahrens in Einbahnstraßen und legt klare Ausnahmen von diesem Verbot fest. Verkehrsteilnehmer sollten sich dieser Regelung bewusst sein und stets verantwortungsvoll handeln, um Unfälle und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.


Quelle(n): juris.bundesgerichtshof.de Bild von Carola68 Die Welt ist bunt...... auf Pixabay


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