Artikel vom 19.02.2025

Die klassischen Todsünden im Straßenverkehr: Braucht § 315c StGB eine Anpassung?

Der § 315c des Strafgesetzbuches (StGB) regelt die Gefährdung des Straßenverkehrs und enthält eine Aufzählung von sieben Verhaltensweisen, die als besonders gefährlich eingestuft werden. Diese Verhaltensweisen, die auch als „sieben Todsünden“ bezeichnet werden, können strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie grob verkehrswidrig und rücksichtslos begangen werden und eine Gefahr für Leib oder Leben von Menschen oder bedeutende Sachwerte darstellen. Doch 60 Jahre nach Einführung dieser Vorschrift stellt sich die Frage, ob diese „Todsünden“ noch aktuell sind und ob der Katalog der gefährlichen Fahrverhalten einer Anpassung bedarf. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die relevanten Veränderungen im Straßenverkehr und diskutieren, welche Verhaltensweisen heute eine ähnliche Gefährdung darstellen und strafwürdig sind.

Gibt es heute noch die klassischen „Todsünden“ im Straßenverkehr?

Die „sieben Todsünden“ des § 315c StGB umfassen eine Reihe von Verkehrsverstößen, die besonders gefährlich und häufig mit schweren Verkehrsunfällen verbunden sind. Zu den klassischen Verhaltensweisen gehören unter anderem das Überfahren von Vorfahrtstraßen, das Überholen auf der rechten Seite oder das Fahren auf der falschen Seite der Straße, auch als Geisterfahrer bekannt. Doch sind diese Verstöße nach wie vor die größten Gefahrenquellen im Straßenverkehr? Eine eingehende Analyse der aktuellen Unfallstatistik lässt darauf schließen, dass es mittlerweile auch andere Fehlverhalten gibt, die ebenfalls zu schweren Unfällen führen, aber nicht explizit im Gesetz aufgeführt sind.

Ein Beispiel für eine solche Verkehrssünde, die nicht in § 315c StGB enthalten ist, ist das verstärkte Drängeln auf Autobahnen. Häufig fahren Autofahrer zu dicht auf, um den vorderen Wagen zum schnellen Wechseln der Spur zu drängen, was zu gefährlichen Situationen führen kann. Auch das Handy am Steuer ist eine weit verbreitete Ursache für Unfälle, insbesondere bei jüngeren Fahrern. Das Gesetz hat diese Verhaltensweisen bislang nicht ausreichend berücksichtigt. Die Frage, ob diese und ähnliche Verstöße in den Katalog der „Todsünden“ aufgenommen werden sollten, ist daher mehr als berechtigt.

Menschliches Fehlverhalten als Ursache für Unfälle

Jeder Verkehrsunfall hat seine Ursachen, die häufig im menschlichen Fehlverhalten liegen. Ein Auto zu fahren, erfordert eine hohe Konzentration und Rücksichtnahme gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern. Doch gerade in stressigen Situationen oder aufgrund von unaufmerksamen Momenten kommt es immer wieder zu Verstößen, die zu gefährlichen Unfällen führen. So werden etwa durch das Verwenden von Mobiltelefonen oder das falsche Abbiegen bei grüner Ampel immer wieder gravierende Unfälle verursacht. Diese Verstöße können mit schweren Folgen für die Beteiligten verbunden sein.

Die Unfallforschung zeigt, dass solche Fehler nicht nur als Ordnungswidrigkeiten, sondern auch als strafbare Handlungen betrachtet werden sollten, wenn sie Leib und Leben von anderen gefährden. Der Gesetzgeber hat daher bereits in § 315c StGB eine Regelung getroffen, die solche besonders gefährlichen Verstöße mit Strafe bedroht. Doch die derzeitige Liste an „Todsünden“ deckt längst nicht alle riskanten Fahrverhalten ab, die zu Unfällen führen können.

Verstöße, die nicht in den „Todsünden“ enthalten sind

Wie bereits erwähnt, gibt es eine Reihe von Verkehrssünden, die nicht in den „Todsünden“ des § 315c StGB aufgeführt sind, aber dennoch eine erhebliche Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen. Dazu zählen unter anderem:

  • Die Nutzung von Handys während der Fahrt: Die Nutzung von Smartphones im Straßenverkehr hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Diese Ablenkung stellt eine erhebliche Gefährdung dar, da sie die Reaktionsfähigkeit des Fahrers erheblich einschränkt und Unfälle verursachen kann.

  • Unangepasste Geschwindigkeit: Insbesondere in dicht besiedelten Gebieten und in der Nähe von Schulen und Kindergärten wird immer wieder die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten, was das Unfallrisiko erhöht. Besonders in Wohngebieten ist eine angepasste Geschwindigkeit entscheidend, um auf plötzliche Gefahren reagieren zu können.

  • Nichtbeachten des Sicherheitsabstands: Viele Verkehrsteilnehmer halten zu engen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug, was insbesondere bei hohem Verkehrsaufkommen gefährlich werden kann. Ein ausreichender Abstand ist entscheidend, um im Falle einer plötzlichen Bremsung sicher reagieren zu können.

Diese Verstöße führen nicht nur zu erhöhten Unfallzahlen, sondern gefährden auch das Leben und die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer. Ein Vorschlag ist, diese Verstöße in den bestehenden Katalog der „Todsünden“ aufzunehmen, um eine präzisere rechtliche Grundlage für die Verfolgung solcher Taten zu schaffen.

Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Anpassung

Angesichts der zunehmenden Gefahr durch neue Verkehrssünden und der veränderten Verkehrssituation stellt sich die Frage, ob § 315c StGB an die heutigen Anforderungen angepasst werden muss. Der Gesetzgeber sollte darüber nachdenken, die Liste der „Todsünden“ um weitere gefährliche Verkehrsverstöße zu erweitern. Insbesondere sollten Verhaltensweisen wie das Handynutzung während der Fahrt, das Drängeln im Verkehr und das Überschreiten von Geschwindigkeitsbegrenzungen in Wohngebieten berücksichtigt werden.

Eine Anpassung des Gesetzes würde nicht nur den rechtlichen Rahmen für die Strafverfolgung erweitern, sondern auch eine klarere Botschaft an die Verkehrsteilnehmer senden, dass solche Verstöße ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen können. Es ist wichtig, dass die Gesetzgebung stets an die Entwicklung des Straßenverkehrs angepasst wird, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten.

Technologische Maßnahmen zur Unterstützung der Verkehrssicherheit

Neben einer möglichen gesetzlichen Anpassung könnten auch technische Lösungen wie Fahrassistenzsysteme eine Rolle dabei spielen, gefährliches Fahrverhalten zu minimieren. Systeme, die den Fahrer auf zu geringen Abstand oder zu schnelles Fahren hinweisen, könnten helfen, Unfälle zu vermeiden, bevor sie passieren. Auch moderne Fahrzeugtechnologien, die die Nutzung von Handys während der Fahrt blockieren, könnten dazu beitragen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Schlussfolgerung: Der Weg zu sichereren Straßen

Die „sieben Todsünden“ im Straßenverkehr sind nach wie vor ein wichtiges Thema im deutschen Strafrecht. Es ist jedoch zu prüfen, ob der bestehende Katalog an gefährlichen Verhaltensweisen den aktuellen Herausforderungen im Straßenverkehr gerecht wird. Eine Anpassung des § 315c StGB könnte helfen, gefährliches Fahrverhalten rechtzeitig zu erkennen und stärker zu ahnden. Auch technische Maßnahmen zur Unterstützung der Verkehrssicherheit sollten weiterentwickelt und verstärkt eingesetzt werden, um Unfälle zu verhindern und die Straßen sicherer zu machen. Der Gesetzgeber sollte auf die Veränderungen im Straßenverkehr reagieren, um weiterhin die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.


Quelle(n): https://deutscher-verkehrsgerichtstag.de/media//Editoren/63.VGT/63.VGTKurzfassungAKIVgesamt.pdf


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