Artikel vom 22.05.2024

Gerichtsurteil: Schadensersatz bei Unfall durch alkoholisierten Fahrer

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass bei Unfällen, die ein nüchterner Fahrer hätte vermeiden können, ein Anscheinsbeweis dafür spricht, dass die Trunkenheit des Fahrers ursächlich für den Unfall war. Im vorliegenden Fall wurde einer schwer verletzten Fußgängerin Schmerzensgeld in Höhe von 52.500 € und Schadensersatz zugesprochen, jeweils unter Berücksichtigung einer Mithaftung von 25%.

Der Unfall

Die Klägerin forderte nach einem Verkehrsunfall Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Beklagten. Der Beklagte fuhr mit einem Blutalkoholgehalt von 0,96 Promille stadteinwärts in einer mittelhessischen Kleinstadt. Die Klägerin überquerte gemeinsam mit vier weiteren Personen die Straße. Bevor sie die in der Mitte der Fahrbahnen befindliche Verkehrsinsel erreichte, wurde sie vom Fahrzeug des Beklagten erfasst und schwer verletzt. Das Landgericht hatte ursprünglich eine Haftungsquote von 50% angesetzt.

Entscheidung des Oberlandesgerichts

Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil hatte teilweise Erfolg. Das Oberlandesgericht entschied auf eine Haftungsquote des Beklagten von 75% und sprach der Klägerin ein Schmerzensgeld von 52.500 € zu. Der Beklagte habe gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen, indem er nicht bremste, obwohl die Klägerin die Fahrbahn betrat. Zudem sei er erheblich alkoholisiert gefahren.

Grober Verstoß gegen Verkehrssicherheit

Das Oberlandesgericht betonte, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand als grober Verstoß gegen die Verkehrssicherheit anzusehen ist. Ein alkoholisiertes Fahren sei grundsätzlich als grob fahrlässig zu bewerten. Der Beklagte habe die entscheidende Ursache für den Unfall gesetzt. Ein Anscheinsbeweis spreche dafür, dass die Trunkenheit des Fahrers ursächlich für den Unfall war, wenn sich dieser unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können.

Mitverschulden der Klägerin

Trotz der erheblichen Schuld des Beklagten musste sich die Klägerin ein Mitverschulden in Höhe von 25% anrechnen lassen. Dies wurde damit begründet, dass der Beklagte für sie erkennbar gewesen sei, als sie die Fahrbahn betrat. Dies führte zu einer Reduktion des Schmerzensgeldes von ursprünglich 70.000 € auf 52.500 €.

Berechnung des Schadensersatzes

Der zugesprochene Schadensersatz und das Schmerzensgeld wurden unter Berücksichtigung der Schwere der Verletzungen, des damit verbundenen Leidens, des Verschuldensgrades und der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit berechnet. Der Beklagte wurde neben den materiellen Schäden auch zu einem erheblichen Schmerzensgeld verurteilt, das nach Abzug des Mitverschuldensanteils 52.500 € betrug.

Bedeutung des Anscheinsbeweises

Der Anscheinsbeweis spielt eine zentrale Rolle bei der Feststellung der Unfallursächlichkeit. In diesem Fall half der Anscheinsbeweis, die Verantwortung des alkoholisierten Fahrers zu belegen. Das Gericht stellte klar, dass ein nüchterner Fahrer die Gruppe der Fußgänger rechtzeitig hätte wahrnehmen und bremsen können. Diese Annahme untermauerte die Entscheidung, den Beklagten in überwiegendem Maße für den Unfall verantwortlich zu machen.

Rechtsfolgen und mögliche Revision

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist nicht rechtskräftig. Mit einer Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehrt werden. Diese Möglichkeit besteht, um die rechtlichen Aspekte der Entscheidung nochmals überprüfen zu lassen.

Schlusswort

Dieses Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main unterstreicht die Bedeutung der Verkehrssicherheit und die schweren rechtlichen Konsequenzen von Alkohol am Steuer. Es zeigt, dass bei Unfällen, die unter Umständen passieren, die ein nüchterner Fahrer hätte vermeiden können, ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Trunkenheit besteht. Das Urteil stellt klar, dass alkoholisiertes Fahren als grob fahrlässig einzustufen ist und erhebliche Schadensersatzansprüche zur Folge haben kann. Durch die Berücksichtigung des Mitverschuldens der Klägerin wurde zudem verdeutlicht, dass auch Fußgänger eine Sorgfaltspflicht haben, die Fahrbahn aufmerksam zu betreten.


Quelle(n): https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/presse Bild von Kira auf Pixabay


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