Artikel vom 05.01.2025

Gerichtsurteil zu Thermofenster: Schadensersatz für Betroffene?

In einem wegweisenden Urteil hat ein deutscher Kläger Schadensersatzansprüche gegen einen Fahrzeughersteller aufgrund des Einsatzes eines sogenannten Thermofensters geltend gemacht. Diese Funktion, die die Abgasreinigung beeinflusst, steht seit Langem im Verdacht, gesetzliche Bestimmungen zu umgehen. Doch wie stehen die Chancen für Betroffene, wenn es um Schadensersatz geht? Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Hintergründe und Argumente.

Was ist ein Thermofenster?

Ein Thermofenster ist eine Funktion in der Motorsteuerung von Dieselfahrzeugen, die die Abgasrückführung abhängig von bestimmten Temperaturbereichen regelt. Kritiker argumentieren, dass diese Technik in vielen Fällen dazu führt, dass die Abgasreinigung im normalen Fahrbetrieb erheblich eingeschränkt ist, während sie unter Prüfstandbedingungen optimal funktioniert. Dies wirft Fragen nach einer möglichen Täuschung der Behörden und Verbraucher auf.

Der Fall: Schadensersatzklage wegen Thermofenster

Der Kläger erwarb 2015 ein gebrauchtes Wohnmobil mit einem Fiat-Ducato-Basisfahrzeug, das mit einem 3-Liter-Multijet-Dieselmotor (Schadstoffklasse Euro 5) ausgestattet ist. Das Fahrzeug soll über ein Thermofenster und eine Timer-Funktion verfügen, die laut Kläger den Prüfstand erkennen und die Abgasreinigung gezielt steuern. Dies wurde von der Beklagten bestritten, die sich auf die Legalität ihrer Technik berief.

Der Kläger forderte Ersatz des Kaufpreises sowie Kosten für nachträgliche Einbauten. Alternativ verlangte er eine Entschädigung für die Wertminderung des Fahrzeugs.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht wiesen die Klage zunächst ab. Beide Gerichte argumentierten, dass ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten nicht nachgewiesen sei. Insbesondere wurde betont, dass das Fahrzeug des Klägers weder eine Betriebsuntersagung noch eine -beschränkung erfahren habe. Außerdem wurde die Funktion des Thermofensters als unbedenklich eingestuft, da sie sowohl im Prüfstandsbetrieb als auch im normalen Fahrbetrieb gleich funktioniere.

Die Revision beim Bundesgerichtshof

Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Urteile der Vorinstanzen teilweise auf. Laut BGH war es ein Fehler, die Behauptungen des Klägers zu ignorieren, dass das Thermofenster in Kombination mit einer Timer-Funktion gezielt auf Prüfstandbedingungen reagiere. Der Kläger hatte ein Software-Gutachten vorgelegt, das seine Behauptungen stützte.

Der BGH betonte, dass eine gezielte Steuerung der Abgasreinigung auf Prüfständen eine arglistige Täuschung der Behörden darstellen könne. Dadurch könnten Schadensersatzansprüche nach § 826 BGB begründet werden, wenn eine sittenwidrige Schädigung vorliege.

Bedeutung des Software-Gutachtens

Das vom Kläger eingereichte Software-Gutachten war zentral für den Erfolg der Revision. Es legte dar, dass die Motorsteuerung des Fahrzeugs bestimmte Prüfstandbedingungen erkenne und die Abgasreinigung entsprechend optimiere. Außerhalb dieser Bedingungen schalte das Fahrzeug in einen Modus mit deutlich reduzierter Abgasrückführung, was zu einem erhöhten Stickoxidausstoß führe.

Das Berufungsgericht muss nun im wiedereröffneten Verfahren prüfen, ob diese Vorwürfe ausreichend belegt sind und eine Sittenwidrigkeit begründen.

Welche Rechte haben betroffene Fahrzeughalter?

Das Urteil zeigt, dass Fahrzeughalter, die von unzulässigen Abschalteinrichtungen betroffen sind, durchaus Chancen auf Schadensersatz haben. Voraussetzung ist jedoch, dass die betroffenen Fahrzeuge tatsächlich über Funktionen wie Thermofenster oder Timer verfügen, die eine Täuschung der Zulassungsbehörden oder der Verbraucher belegen können. Gutachten und technische Beweise spielen hierbei eine entscheidende Rolle.

Hoffnung für geschädigte Verbraucher

Das Urteil des BGH setzt ein wichtiges Signal für Verbraucher, die gegen Fahrzeughersteller aufgrund unzulässiger Abgastechniken vorgehen wollen. Es unterstreicht die Bedeutung einer detaillierten Beweisführung, insbesondere durch technische Gutachten. Betroffene Fahrzeughalter sollten ihre Rechte prüfen lassen, da Schadensersatzansprüche oft beträchtlich sein können.


Quelle(n): https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2024&nr=140147&anz=3311&pos=0&Blank=1.pdf


×