Artikel vom 14.10.2024
Selbstgefertigte Tempo-30-Schilder: Zulässig oder Verboten?
In vielen Wohngebieten fühlen sich Anwohner von zu hohem Verkehrstempo gestört und wünschen sich Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduzierung. Manchmal greifen sie sogar selbst zu kreativen Lösungen und basteln eigene Schilder, um Autofahrer auf freiwilliges Langsamfahren hinzuweisen. Doch ist das Aufstellen selbstgefertigter Tempo-30-Schilder tatsächlich erlaubt? In einem aktuellen Fall musste das Verwaltungsgericht Freiburg über die Zulässigkeit dieser Maßnahmen entscheiden.
Selbstgefertigte Tempo-30-Schilder im Fokus der Behörden
In einem Ortsteil des Landkreises Konstanz galt die offizielle Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h. Doch einigen Anwohnern war dies zu schnell. Sie entwarfen eigene Tempo-30-Schilder mit dem Zusatz „freiwillig“ und stellten diese am Straßenrand auf. Diese selbstgebastelten Schilder ähnelten stark den offiziellen Verkehrszeichen, was für Verwirrung sorgen könnte. Dies rief das zuständige Landratsamt auf den Plan, das die Schilder als unzulässig einstufte.
Das Landratsamt Konstanz forderte die Anwohner dazu auf, die Schilder unverzüglich zu entfernen, da sie gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen würden. Bei Nichtbeachtung drohte die Behörde mit Zwangsgeldern in Höhe von 800 Euro pro Schild. Dies ließ die Anwohner nicht auf sich sitzen und reichten Klage ein.
Verwaltungsgericht Freiburg: Verwechslungsgefahr mit offiziellen Verkehrsschildern
Nachdem das Regierungspräsidium Freiburg die Widersprüche der Anwohner gegen die behördliche Anordnung zurückgewiesen hatte, wandten sich die Kläger an das Verwaltungsgericht Freiburg. Hier wurde der Fall detailliert geprüft. Das Gericht entschied jedoch gegen die Anwohner und bestätigte die Auffassung des Landratsamts.
Das Hauptargument des Gerichts: Die selbstgefertigten Schilder könnten mit offiziellen Verkehrszeichen verwechselt werden, was gegen § 33 Abs. 2 StVO verstoße. Dieser Paragraph besagt, dass Zeichen oder Einrichtungen, die amtlichen Verkehrseinrichtungen ähneln oder deren Wirkung beeinträchtigen könnten, nicht im öffentlichen Straßenverkehr aufgestellt werden dürfen. Dies soll Verwirrung und mögliche Gefährdungen vermeiden.
Verwechslungsgefahr durch das Design der Schilder
Die von den Anwohnern aufgestellten Schilder wiesen eine große Ähnlichkeit mit den offiziellen Tempo-30-Schildern auf, die nach der StVO geregelt sind. Besonders problematisch war die Tatsache, dass die Schilder neben der Geschwindigkeitsbegrenzung auch ein Bild von fünf rennenden Kindern zeigten, was an die Sinnbilder erinnerte, die auf offiziellen Verkehrszeichen verwendet werden. Auch die Größe und Form der Schilder verstärkten den Eindruck, dass es sich um amtliche Verkehrszeichen handeln könnte.
Das Gericht sah darin eine klare Verwechslungsgefahr, besonders für Autofahrer, die die Schilder nur flüchtig wahrnehmen oder ausländische Verkehrsteilnehmer, die mit den deutschen Verkehrszeichen nicht vertraut sind. Auch der Zusatz „freiwillig“ auf den Schildern konnte laut Gericht diese Verwechslungsgefahr nicht ausreichend entschärfen.
Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss
Neben der Verwechslungsgefahr stellte das Gericht auch mögliche negative Folgen für die Verkehrssicherheit fest. Wenn Autofahrer die selbstgebastelten Schilder als offizielle Verkehrszeichen interpretieren und deshalb langsamer fahren als erlaubt, könnte dies den Verkehrsfluss beeinträchtigen. In dem betroffenen Gebiet galt offiziell eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h, aber durch die selbstgefertigten Schilder fuhren manche Verkehrsteilnehmer nur 30 km/h. Dies könnte dazu führen, dass sich der Verkehr staut oder dass Autofahrer abrupt abbremsen, was wiederum das Unfallrisiko erhöhen könnte.
Auch die Navigationssysteme der Dienstwagen des Landratsamts und des Regierungspräsidiums zeigten beim Passieren der Schilder eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h an, was das Gericht als weiteren Beleg für die Verwechslungsgefahr wertete.
„Freiwillig“-Aufschrift reicht nicht aus
Ein zentrales Argument der Anwohner war, dass ihre Schilder klar als „freiwillige“ Geschwindigkeitsbegrenzungen gekennzeichnet waren und daher keine Verwirrung stiften könnten. Das Gericht wies dieses Argument jedoch zurück. Auch wenn das Wort „freiwillig“ auf den Schildern stand, sei dies für einen flüchtigen Betrachter nicht immer sofort erkennbar. Besonders bei Verkehrsschildern, die schnell wahrgenommen werden müssen, könnten solche feinen Unterschiede leicht übersehen werden.
Darüber hinaus betonte das Gericht, dass amtliche Verkehrszeichen international verständlich sein müssen. Dies sei bei den selbstgefertigten Schildern nicht der Fall, was besonders für ausländische Verkehrsteilnehmer problematisch sein könnte.
Rechtliche Folgen für die Anwohner
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg ist zwar noch nicht rechtskräftig, da die Anwohner die Möglichkeit haben, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einzulegen. Dennoch stellt das Urteil eine deutliche Warnung an alle dar, die eigenmächtig Verkehrsschilder aufstellen möchten. Die Straßenverkehrsordnung regelt klar, wer befugt ist, Verkehrszeichen aufzustellen, und selbst gut gemeinte Aktionen können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Selbstgefertigte Verkehrsschilder sind nicht zulässig
Der Fall aus dem Landkreis Konstanz zeigt deutlich, dass das Aufstellen von selbstgefertigten Tempo-30-Schildern in Deutschland nicht zulässig ist, selbst wenn diese Schilder als „freiwillige“ Geschwindigkeitsvorgaben deklariert werden. Die Straßenverkehrsordnung stellt klare Regeln auf, um Verwirrung und Gefährdungen im Straßenverkehr zu vermeiden. Auch kreative Aktionen von Anwohnern müssen sich an diese Vorgaben halten. Wer auf eine Geschwindigkeitsreduzierung in seinem Wohngebiet hinwirken möchte, sollte sich an die zuständigen Behörden wenden und offizielle Anträge stellen, statt eigenmächtig Schilder aufzustellen.
Insgesamt zeigt der Fall, wie wichtig es ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen im Straßenverkehr zu kennen und zu beachten. Eigenmächtige Maßnahmen, auch wenn sie gut gemeint sind, können rechtliche Probleme verursachen und letztlich mehr Schaden als Nutzen bringen.
Quelle(n): https://www.haufe.de/recht/weitere-rechtsgebiete/verkehrsrecht/zulaessigkeit-von-selbstgefertigten-tempo-30-schildern_212_630066.html Bild von Markus Distelrath auf Pixabay