Artikel vom 03.11.2024

Italienische Bußgelder für deutsche Autofahrer

Seit einer jüngsten Einigung zwischen dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) und den italienischen Behörden könnten Tausende deutsche Autofahrer mit Bußgeldbescheiden aus Italien überrascht werden. Verkehrsverstöße, die bis ins Jahr 2023 zurückreichen, werden nun konsequent verfolgt und bestraft, nachdem ein temporäres Aussetzen der Datenübermittlung zu einem Rückstau bei Bußgeldern geführt hatte. Deutsche Italienurlauber, die in den letzten Jahren gegen italienische Verkehrsregeln verstoßen haben, könnten daher in den kommenden Wochen Post mit hohen Bußgeldern erhalten.

Bußgeldverfahren wieder aufgenommen: Warum deutsche Autofahrer betroffen sind

Der plötzliche Anstieg an Bußgeldbescheiden aus Italien hat eine Vorgeschichte: Seit Juli 2023 hatten das Kraftfahrtbundesamt und die italienischen Behörden den Datenaustausch von Fahrzeughalterinformationen ausgesetzt. Grund dafür waren Datenschutzbedenken des KBA. Es wurde vermutet, dass Italien Fahrzeughalterdaten aus Deutschland für andere als die vereinbarten Zwecke nutzte. Um Missbrauch zu verhindern, blockierte das KBA zunächst sämtliche Anfragen italienischer Behörden.

Mit der kürzlichen Wiederaufnahme des Datenaustauschs können italienische Kommunen und Behörden nun wieder Strafzettel an deutsche Autofahrer verschicken. Damit endet die „Schonfrist“ für deutsche Italienurlauber, die sich bislang nicht um ihre Verkehrsverstöße kümmern mussten. Jetzt ist mit einer regelrechten Bußgeldwelle zu rechnen.

Was bedeutet der Datenaustausch für die Bußgeldbescheide aus Italien?

Die Wiederaufnahme des Datenflusses zwischen dem KBA und Italien erfolgt über das EU-weite Eucaris-System, das es erlaubt, auf Fahrzeug- und Halterdaten zuzugreifen. Ziel des Systems ist es, Verkehrsdelikte auch grenzüberschreitend zu ahnden, sodass nationale Behörden Bußgeldverfahren gegen ausländische Verkehrssünder einleiten können. Der stellvertretende Ministerpräsident Italiens, Matteo Salvini, betonte, dass technische Probleme, die den Datenaustausch verzögert hatten, mittlerweile gelöst seien.

Durch die Verwendung des Eucaris-Systems ist nun sichergestellt, dass die Daten deutscher Fahrzeughalter tatsächlich nur für die Verfolgung von Verkehrsdelikten genutzt werden. Tempoverstöße, das Missachten von Vorfahrtsregeln oder das Fahren unter Alkoholeinfluss werden damit auch in Italien von den Behörden wieder konsequent verfolgt.

Tausende Bußgeldbescheide in Italien liegen auf Halde

Die Anzahl an rückständigen Bußgeldern in Italien ist enorm. Allein in der Region Meran in Südtirol beläuft sich der Rückstand auf etwa 4.000 Bußgeldverfahren, was eine Summe von über 230.000 Euro bedeutet. Deutsche Fahrzeughalter, die in den letzten beiden Jahren in Italien gegen Verkehrsregeln verstoßen haben, könnten in den nächsten Wochen Post mit hohen Bußgeldforderungen erhalten.

Die Bußgelder, die sich auf Verkehrsverstöße wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder das Fahren unter Alkoholeinfluss beziehen, können dabei unterschiedlich hoch ausfallen, je nach Art des Vergehens und örtlicher Gebührensatzung. Einige Städte und Gemeinden in Italien setzen hierfür auch Inkassobüros ein, was zusätzliche Kosten für betroffene Verkehrssünder bedeuten kann.

Vollstreckung italienischer Bußgelder in Deutschland: Was Autofahrer wissen müssen

Die Vollstreckung von Bußgeldbescheiden aus Italien erfolgt über das deutsche Bundesamt für Justiz (BfJ), das die Forderungen prüft und gegebenenfalls eintreibt. Allerdings greift das BfJ erst ab einer Summe von 70 Euro ein. Liegt der Betrag darunter, besteht für deutsche Autofahrer wenig Risiko, dass das Bußgeld in Deutschland durchgesetzt wird.

In vielen Fällen beauftragen italienische Kommunen jedoch Inkassofirmen, um Bußgelder direkt von deutschen Fahrzeughaltern einzutreiben. Dies führt häufig zu zusätzlichen Inkassogebühren, die die Summe erheblich erhöhen können. Diese Inkassozuschläge sind rechtlich jedoch nicht verbindlich, und deutsche Autofahrer können sich gegen zu hohe Gebühren wehren.

Verjährung bei Bußgeldern: Welche Fristen gelten für deutsche Autofahrer?

Für Bußgelder aus Italien gelten bestimmte Verjährungsfristen, die betroffene Autofahrer kennen sollten. Es wird dabei zwischen der Verfolgungsverjährung und der Vollstreckungsverjährung unterschieden:

  1. Verfolgungsverjährung: Innerhalb von 360 Tagen muss der Bußgeldbescheid beim deutschen Verkehrssünder eingehen. Verstreicht diese Frist, ohne dass ein Bescheid zugestellt wurde, ist der Anspruch der italienischen Behörde verjährt.
  2. Vollstreckungsverjährung: Sobald der Bußgeldbescheid zugestellt wurde, beginnt eine fünfjährige Frist, in der das Bußgeld vollstreckt werden kann. Während dieser Zeit ist es den italienischen Behörden möglich, die Forderung bei einer erneuten Einreise nach Italien geltend zu machen, was den nächsten Urlaub unangenehm beeinflussen könnte.

Hohe Bußgelder in Italien: Was kostet ein Verkehrsverstoß?

Im Vergleich zu Deutschland fallen die Bußgelder in Italien in der Regel deutlich höher aus. Für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h zahlen Autofahrer mindestens 175 Euro, während eine Überschreitung von 50 km/h oder mehr Strafen ab 545 Euro zur Folge hat. Wer am Steuer telefoniert, muss mit einer Geldbuße ab 165 Euro rechnen. Für das Fahren unter Alkoholeinfluss beträgt die Mindeststrafe 545 Euro, wobei sich der Betrag je nach Promillewert weiter erhöhen kann. Italien plant zudem eine Erhöhung der Bußgelder, um die Straßen sicherer zu machen.

30 % Rabatt bei sofortiger Zahlung des Bußgelds

Eine Besonderheit des italienischen Rechtssystems ist der Rabatt bei zügiger Begleichung des Bußgeldes. Wer innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bußgeldbescheids zahlt, kann 30 % des Betrags einsparen. Dieser Rabatt wird auch deutschen Verkehrssündern gewährt und kann die Höhe des Bußgeldes deutlich reduzieren.

Allerdings ist es auch möglich, gegen italienische Bußgeldbescheide Einspruch einzulegen. Der Einspruchsprozess ist jedoch in italienischer Sprache durchzuführen, außer in der Provinz Südtirol, wo Einsprüche auf Deutsch verfasst werden dürfen. Deutsche Autofahrer, die Einspruch einlegen möchten, finden online italienischsprachige Musterschreiben, die für diesen Zweck genutzt werden können.

Deutsche Punkte bleiben in Flensburg verschont

Eine gute Nachricht für deutsche Verkehrssünder ist, dass Bußgelder aus Italien keine Auswirkungen auf das deutsche Fahreignungsregister haben. Punkte in Flensburg werden für Verkehrsverstöße im Ausland nicht vergeben. Somit bleibt das deutsche Punktekonto von Italienurlaubern unbeeinflusst, selbst wenn sie in Italien gegen Verkehrsregeln verstoßen haben.

Tipps für deutsche Autofahrer: So vermeiden Sie Bußgelder in Italien

  1. Verkehrsregeln beachten: Italien hat strenge Vorschriften für Geschwindigkeit, Alkohol am Steuer und andere Vergehen. Informieren Sie sich vorab über die Verkehrsregeln, um Bußgelder zu vermeiden.
  2. Sofortige Zahlung nutzen: Sollten Sie einen Bußgeldbescheid aus Italien erhalten, kann eine schnelle Begleichung die Summe um 30 % reduzieren.
  3. Inkassogebühren überprüfen: Falls eine Inkassofirma beauftragt wurde, um die Bußgeldforderung zu vollstrecken, sollten Sie die Höhe der Gebühren prüfen und gegebenenfalls Widerspruch gegen überhöhte Forderungen einlegen.

Die Rückkehr der Bußgeldbescheide aus Italien ist für deutsche Autofahrer ein Signal, dass Verstöße auch grenzüberschreitend verfolgt werden. Um böse Überraschungen nach dem Italienurlaub zu vermeiden, ist es ratsam, sich an die Verkehrsregeln zu halten und bei einem Bußgeldbescheid schnell zu handeln.


Quelle(n): https://www.haufe.de/recht/weitere-rechtsgebiete/verkehrsrecht/bussgeldbescheide-aus-italien_212_633300.html Bild von NoName_13 auf Pixabay


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