Artikel vom 20.06.2024

Kein Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten nach einem Verkehrsunfall

Nach einem Verkehrsunfall stehen viele Betroffene vor der Frage, wer für die entstehenden Kosten aufkommen muss. Besonders häufig stellt sich die Frage nach der Erstattung von Anwaltskosten. Ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des Gerichts zeigt, dass der Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten nach einem Verkehrsunfall nicht immer gegeben ist. Dieser Artikel beleuchtet die entscheidenden Punkte des Urteils und erklärt, unter welchen Bedingungen Anwaltskosten erstattungsfähig sind.

Das Urteil im Detail

Sachverhalt und Hintergrund

Der zugrunde liegende Fall betrifft einen Verkehrsunfall, der am 16. September 2022 stattfand. Die Arbeitnehmerin der Klägerin erlitt dabei Verletzungen, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führten. Aufgrund dieser unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit war die Klägerin als Arbeitgeberin gesetzlich verpflichtet, den Lohn der Arbeitnehmerin fortzuzahlen, was einen Schaden für die Klägerin darstellte.

Gemäß den Bestimmungen des Lohnfortzahlungsgesetzes (EFZG) und des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entstand der Klägerin ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Schädiger oder dessen Versicherung. Dieser Anspruch wurde durch eine Legalzession auf die Klägerin übertragen, ähnlich wie bei einer schuldrechtlichen Abtretung.

Die Rolle der Anwaltskosten

Im vorliegenden Fall beauftragte die Klägerin eine Anwaltskanzlei, um den Schadenersatzanspruch gegenüber der Beklagten zu beziffern und geltend zu machen. Die Anwaltskosten, die dabei entstanden, sollten von der Beklagten übernommen werden. Doch das Gericht entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung dieser vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten hat.

Verzug als entscheidender Faktor

Für die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten ist der Rechtsgrund des Verzugs nach §§ 286 ff. BGB entscheidend. Zum Zeitpunkt der Beauftragung der Anwaltskanzlei am 8. Juni 2020 befand sich die Beklagte jedoch noch nicht in Verzug. Die Anwaltskanzlei trug erst durch ihre Tätigkeit zur Begründung des Verzugs bei. Daher konnten die zuvor entstandenen Anwaltskosten nicht als Verzugsschaden anerkannt werden.

Rechtliche Grundlagen und Normen

Gesetzliche Bestimmungen

Die rechtlichen Grundlagen für diesen Fall finden sich im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Besonders relevant sind dabei die §§ 1 und 6 EFZG sowie die §§ 249, 286 und 823 Abs. 1 BGB. Diese Normen regeln unter anderem die Voraussetzungen für die Entstehung eines Erstattungsanspruchs und die Bedingungen für den Verzug.

Legalzession und Abtretung

Der Begriff der Legalzession spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Durch die Legalzession geht der Anspruch auf Schadenersatz vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber über. Dies ist vergleichbar mit einer schuldrechtlichen Abtretung, bei der ein Dritter die Ansprüche eines Gläubigers übernimmt.

Bedeutung des Urteils für die Praxis

Das Urteil hat wichtige Implikationen für Arbeitgeber, die nach einem Verkehrsunfall die Lohnfortzahlung übernehmen müssen. Es zeigt, dass die Beauftragung eines Anwalts und die damit verbundenen Kosten sorgfältig abgewogen werden sollten. Nur wenn sich der Schuldner im Verzug befindet, können diese Kosten als Schadenersatz geltend gemacht werden.

Betroffene sollten sicherstellen, dass der Schuldner nachweislich in Verzug gerät, bevor sie rechtliche Schritte einleiten. Dies kann durch eine Mahnung oder eine andere Form der Aufforderung geschehen, die eine klare Frist setzt. Nur so können die Anwaltskosten unter Umständen erstattet werden.

Das vorliegende Urteil verdeutlicht die komplexen rechtlichen Bedingungen, die bei der Erstattung von Anwaltskosten nach einem Verkehrsunfall gelten. Es ist für Arbeitgeber von zentraler Bedeutung, die gesetzlichen Bestimmungen und die Voraussetzungen für den Verzug genau zu kennen, um unnötige Kosten zu vermeiden. In jedem Fall empfiehlt sich eine sorgfältige rechtliche Beratung, um die bestmögliche Vorgehensweise zu ermitteln.


Quelle(n): https://www.gesetze-bayern.de/ Bild von jessica45 auf Pixabay


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