Artikel vom 27.02.2023

Rechtlich abgeschlossen: Der Raser-Fall von Stuttgart und die erste Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum neuen Straftatbestand des Alleinrennens

Am 6. März 2019 verursachte ein 20-Jähriger mit einem hochmotorisierten Fahrzeug durch seine überhöhte Geschwindigkeit durch die Stuttgarter Innenstadt einen schweren Verkehrsunfall, bei dem zwei unbeteiligte Verkehrsteilnehmer ums Leben kamen. Der Angeklagte wurde vom Landgericht Stuttgart wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und einem weiteren Straßenverkehrsdelikt zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt, sowie für vier weitere Jahre die Fahrerlaubnis entzogen. Die Eltern der beiden Opfer erhoben jedoch Revisionen und strebten eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes an. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hatte nun die Aufgabe, die Revisionen der Nebenkläger zu überprüfen und somit über das Schicksal des Angeklagten zu entscheiden.

Der Prozess und seine Folgen

In dem Urteil des Landgerichts lagen folgende Feststellungen zugrunde: Der Angeklagte hatte mit seinem 550 PS starken Fahrzeug eine Vielzahl von Fahrten mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Innenstadt von Stuttgart unternommen und diese teilweise mit dem Smartphone gefilmt und auf Kommunikationsplattformen hochgeladen. Kurz vor Mitternacht fuhr er mit maximaler Beschleunigung auf einer innerstädtischen Straße stadteinwärts durch eine für ihn unübersichtliche langgezogene Rechtskurve. Als er ein ihm entgegenkommendes nach links abbiegendes Fahrzeug ca. 100 Meter vor sich erkannte, versuchte er noch auszuweichen, verlor dabei jedoch die Kontrolle über sein Fahrzeug und prallte mit einer Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h frontal in einen in der Parkplatzausfahrt stehenden Kleinwagen. Die beiden Insassen des Wagens erlitten schwerste Verletzungen, an denen sie noch an der Unfallstelle verstarben.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hatte in diesem Fall auch die Aufgabe, Kriterien und Leitlinien zur Auslegung des seit August 2018 gültigen Straftatbestands des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB (sog. "Alleinrennen") zu entwickeln. Somit waren die Revisionen der Nebenkläger als unbegründet zu verwerfen, da auch die Verurteilung des Angeklagten wegen des verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 5 StGB nicht zu beanstanden war. Der Senat hatte somit die erste rechtlich abgeschlossene Entscheidung bezüglich des neu geschaffenen Straftatbestands des Alleinrennens getroffen.

Fazit und Ausblick

Der tragische Unfall und der damit einhergehende Prozess waren ein trauriger Höhepunkt in der Geschichte des Stuttgarter Verkehrs. Der Bundesgerichtshof hatte nun die Aufgabe, die Revisionen der Nebenkläger zu überprüfen und somit über das Schicksal des Angeklagten zu entscheiden. Hieran gemessen war die Verurteilung des Angeklagten wegen der Durchführung eines verbotenen "Alleinrennens" rechtsfehlerfrei und hat somit eine wichtige Voraussetzung für eine künftige Auslegung des Straftatbestands des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB geschaffen. Dieser Fall hat gezeigt, dass das Risiko des illegalen Kraftfahrzeugrennens mit ernsten Folgen verbunden ist. Ein verantwortungsvoller Umgang im Straßenverkehr ist daher ein Muss, um schwere Unfälle zu vermeiden.


Quelle(n): Bundesgerichtshof Beschluss vom 17. Februar 2021 - 4 StR 225/20


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