Artikel vom 01.12.2024

Schaden durch Waschanlage: Haftet der Betreiber?

Wer sein Auto in eine Waschanlage bringt, erwartet, dass es nach dem Waschvorgang sauber und unbeschädigt wieder herauskommt. Doch was passiert, wenn während des Waschens ein Schaden am Fahrzeug entsteht? Laut einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) haftet der Betreiber der Waschanlage unter bestimmten Voraussetzungen für entstandene Schäden. Insbesondere, wenn ein Fahrzeug mit serienmäßiger Ausstattung betroffen ist, trägt der Betreiber eine klare Verantwortung.

BGH-Urteil stärkt die Rechte von Waschanlagen-Nutzern

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Betreiber einer Waschanlage sicherstellen muss, dass Fahrzeuge mit serienmäßiger Ausstattung ohne Schäden gewaschen werden können. Im verhandelten Fall ging es um einen Land Rover, dessen serienmäßiger Heckspoiler während des Waschvorgangs abgerissen wurde. Der Fahrzeughalter verlangte Schadensersatz vom Betreiber der Waschanlage – mit Erfolg. Der BGH stellte fest, dass die Ursache des Schadens in der Konstruktion der Waschanlage lag, und sprach dem Kläger Schadensersatz zu.

Pflichten des Waschanlagenbetreibers: Vorsicht und Sorgfalt

Betreiber von Waschanlagen haben weitreichende Schutzpflichten gegenüber ihren Kunden. Diese umfassen nicht nur die Reinigung des Fahrzeugs, sondern auch die Gewährleistung, dass keine Schäden entstehen. Laut BGH muss ein Betreiber:

  1. Geeignete Sicherheitsmaßnahmen treffen: Der Betreiber muss alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden am Fahrzeug zu vermeiden. Dies beinhaltet auch die regelmäßige Überprüfung und Wartung der Waschanlage.
  2. Fahrzeuge mit serienmäßiger Ausstattung berücksichtigen: Anlagen müssen so konzipiert sein, dass sie Fahrzeuge mit serienmäßigen Anbauteilen wie Spoilern oder Antennen ohne erhöhtes Risiko reinigen können.
  3. Klare Warnhinweise anbringen: Wenn bestimmte Fahrzeugtypen oder Ausstattungen ein erhöhtes Risiko darstellen, muss der Betreiber dies deutlich kommunizieren. Allgemeine Hinweise oder Klauseln in den AGB reichen nicht aus, um sich von der Haftung zu entlasten.

Serienmäßige Ausstattung: Ein berechtigtes Vertrauen der Nutzer

Der BGH hob hervor, dass Kunden darauf vertrauen dürfen, dass ein Fahrzeug mit serienmäßiger Ausstattung unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervorgeht. Für den Fahrzeughalter ist es kaum möglich, einzuschätzen, ob eine bestimmte Waschanlage für sein Auto geeignet ist. Anders der Betreiber: Er hat die Kontrolle über die technische Ausstattung und den Betrieb der Anlage. Sollte ein bestimmtes Fahrzeugmodell oder eine spezielle Ausstattung problematisch sein, ist es seine Aufgabe, den Kunden darauf hinzuweisen oder das Fahrzeug von der Reinigung auszuschließen.

Im vorliegenden Fall argumentierte der Betreiber, dass ihm die Problematik mit serienmäßigen Heckspoilern nicht bekannt gewesen sei, da bislang kein solcher Vorfall gemeldet wurde. Das Gericht wies diese Aussage zurück und betonte, dass es seine Pflicht gewesen wäre, die Anlage entsprechend zu überprüfen.

Haftung trotz Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB)

Ein häufiger Streitpunkt in solchen Fällen sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Waschanlagen. Viele Betreiber versuchen, sich mit pauschalen Haftungsausschlüssen abzusichern. Doch der BGH stellte klar, dass allgemeine Hinweise wie "Keine Haftung für Heckspoiler" oder "Keine Haftung für Anbauteile" nicht ausreichend sind. Derartige Klauseln entbinden den Betreiber nicht von seiner Verantwortung, die Sicherheit des Waschvorgangs für Fahrzeuge mit serienmäßigen Bauteilen zu gewährleisten.

Beweislast im Schadensfall: Was Nutzer wissen sollten

Grundsätzlich liegt die Beweislast bei Schäden in einer Waschanlage zunächst beim Fahrzeughalter. Er muss nachweisen, dass der Schaden während des Waschvorgangs entstanden ist. Doch in Fällen wie diesem, bei denen die Ursache des Schadens klar im Gefahrenbereich der Waschanlage liegt, kehrt sich die Beweislast um. Der Betreiber muss dann beweisen, dass er alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hat und ihn keine Pflichtverletzung trifft.

Im verhandelten Fall war der Schaden eindeutig auf die Konstruktion der Waschanlage zurückzuführen, was die Haftung des Betreibers begründete.

Tipps für Fahrzeughalter: So sichern Sie sich ab

Wenn Sie Ihr Auto in einer Waschanlage reinigen lassen, sollten Sie einige Punkte beachten, um im Schadensfall besser abgesichert zu sein:

  1. Dokumentieren Sie den Zustand Ihres Fahrzeugs vor und nach der Wäsche: Machen Sie Fotos von Ihrem Auto, insbesondere von anfälligen Stellen wie Spoilern, Spiegeln oder Antennen.
  2. Lesen Sie die Hinweise vor Ort: Überprüfen Sie die Warnhinweise und AGB, die in der Waschanlage ausgehängt sind. Falls Ihr Fahrzeug von der Nutzung ausgeschlossen wird, sollten Sie die Anlage nicht betreten.
  3. Informieren Sie sich über die Haftungsbedingungen: Fragen Sie den Betreiber bei Unsicherheiten, ob Ihr Fahrzeug für die Anlage geeignet ist.
  4. Reklamieren Sie Schäden sofort: Falls ein Schaden auftritt, melden Sie diesen umgehend dem Betreiber und dokumentieren Sie den Vorfall.
  5. Rechtlichen Beistand einholen: Bei Streitigkeiten mit dem Betreiber oder der Versicherung kann ein Anwalt helfen, Ihre Ansprüche durchzusetzen.

Waschanlagenbetreiber in der Pflicht: Sicherheit hat Vorrang

Für Betreiber von Waschanlagen bedeutet das Urteil des BGH, dass sie ihre Anlagen regelmäßig überprüfen und klare Hinweise für die Kunden bereitstellen müssen. Ein sorgfältiger Betrieb ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch eine Maßnahme zur Vertrauensbildung bei den Kunden. Wer in die Sicherheit seiner Anlage investiert, reduziert nicht nur das Risiko von Schadensersatzforderungen, sondern stärkt auch seine Marktposition.

Gericht stärkt Verbraucherrechte bei Waschanlagen-Schäden

Das Urteil des BGH setzt ein klares Zeichen für den Verbraucherschutz: Fahrzeughalter dürfen auf die Sicherheit moderner Waschanlagen vertrauen, insbesondere wenn ihr Fahrzeug serienmäßig ausgestattet ist. Betreiber müssen ihre Anlagen entsprechend ausstatten und für ausreichende Sicherheitsmaßnahmen sorgen. Im Schadensfall trägt der Betreiber die Verantwortung, wenn die Ursache des Schadens in seinem Einflussbereich liegt. Für Fahrzeughalter gilt: Achten Sie auf Hinweise und dokumentieren Sie mögliche Schäden, um im Streitfall gut vorbereitet zu sein.


Quelle(n): https://www.haufe.de/recht/weitere-rechtsgebiete/verkehrsrecht/schaeden-am-auto-durch-die-waschanlage_212_637072.html Bild von Bernd Schray auf Pixabay


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