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Thema Verkehrsrecht
Artikel vom 20.06.2024
Schmerzensgeldbemessung nach Verkehrsunfall: Ein umfassender Leitfaden
Die Bemessung von Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall ist ein komplexer Prozess, der viele rechtliche und medizinische Aspekte umfasst. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über die Kriterien und Grundlagen, die bei der Festlegung von Schmerzensgeld berücksichtigt werden. Unser Fokus liegt dabei auf den relevanten Gesetzesvorschriften und den maßgeblichen Gerichtsentscheidungen.
Nach einem schweren Verkehrsunfall stehen viele Betroffene vor der Frage, wie viel Schmerzensgeld ihnen zusteht. Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach verschiedenen Faktoren, darunter die Schwere der Verletzungen, die langfristigen Auswirkungen und die individuellen Lebensumstände des Opfers. Dieser Artikel gibt einen detaillierten Überblick über die Bemessung von Schmerzensgeld und die rechtlichen Grundlagen.
Gesetzliche Grundlagen
§ 253 Abs. 2 BGB
Gemäß § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann für immaterielle Schäden, die durch eine Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung entstanden sind, eine angemessene Entschädigung in Geld gefordert werden. Diese Regelung bildet die Grundlage für die Zuerkennung von Schmerzensgeld in Deutschland.
§ 256 ZPO
Nach § 256 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Kläger die Feststellung beantragen, dass ihm noch weitere materielle oder immaterielle Schäden aus einem bestimmten Ereignis zustehen. Dies ist besonders relevant, wenn zukünftige Schäden noch nicht absehbar sind.
§ 287 Abs. 1 S. 2 ZPO
§ 287 Abs. 1 S. 2 ZPO ermöglicht dem Gericht, nach freiem Ermessen über die Höhe des Schmerzensgeldes zu entscheiden. Dies erfolgt oft unter Einbeziehung von medizinischen Gutachten und der Prognose über die zukünftige Entwicklung der Verletzungen.
Wichtige Gerichtsentscheidungen
Bundesgerichtshof (BGH) - BeckRS 2015, 5263
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht nur der aktuelle Gesundheitszustand des Verletzten, sondern auch die voraussichtliche zukünftige Entwicklung berücksichtigt werden muss. Dies ist ein wesentlicher Aspekt, um eine angemessene Entschädigung sicherzustellen.
Fallbeispiel: Amputation nach Verkehrsunfall
In einem bemerkenswerten Fall sprach das Landgericht Augsburg einem 20-jährigen Motorradfahrer, der bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurde, ein Schmerzensgeld von 100.000 Euro zu. Der junge Mann erlitt eine traumatische Amputation des linken Unterschenkels, was seine Lebensqualität erheblich beeinträchtigte. Der Fall verdeutlicht die Kriterien, die bei der Bemessung von Schmerzensgeld eine Rolle spielen.
Verletzungen und Behandlungsverlauf
Der Kläger erlitt eine traumatische Amputation des linken Vor- und Mittelfußes, eine tiefe Risswunde am linken Bein, eine Absprengung an der linken Patella und eine Impressionsfraktur des lateralen Femurkondylus. Trotz mehrerer Operationen kam es zu Weichteilnekrosen und Infektionen, die schließlich zur Amputation des linken Unterschenkels führten.
Rehabilitation und Langzeitfolgen
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus folgte eine intensive Rehabilitation, bei der der Kläger lernte, mit Prothesen zu gehen. Trotz dieser Maßnahmen bleibt er beim Gehen stark eingeschränkt und muss nach einer Gehstrecke von etwa einem Kilometer eine Pause einlegen. Seine beruflichen und sportlichen Aktivitäten sind ebenfalls erheblich beeinträchtigt.
Berufliche und persönliche Auswirkungen
Vor dem Unfall befand sich der Kläger in der Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker, die er mit Verzögerung abschließen konnte. Aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen hat er jedoch eine MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) von 40% und plant, ein Ingenieurstudium aufzunehmen, um seinen Beruf anzupassen.
Schmerzensgeldbemessung
Aktueller Gesundheitszustand und Zukunftsprognose
Das Gericht berücksichtigte bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht nur den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers, sondern auch die absehbaren zukünftigen Verschlechterungen, wie eine mögliche Arthrose im linken Knie und die Notwendigkeit weiterer Operationen. Diese langfristigen Auswirkungen rechtfertigten die Zuerkennung eines hohen Schmerzensgeldes.
Vergleichbare Entscheidungen
In ähnlichen Fällen hat der BGH hohe Schmerzensgelder zugesprochen, wenn die Verletzungen zu dauerhaften und erheblichen Beeinträchtigungen führten. Zum Beispiel erhielt ein Sechzehnjähriger 150.000 Euro Schmerzensgeld für die Amputation eines Beines einschließlich Kniegelenk. Diese Vergleichsfälle helfen, eine einheitliche Rechtsprechung sicherzustellen und die Angemessenheit der Entschädigung zu gewährleisten.
Fazit
Die Bemessung von Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall ist ein komplexer Prozess, der viele Faktoren berücksichtigt. Durch die Analyse von Gerichtsurteilen und die Berücksichtigung der gesetzlichen Grundlagen kann eine faire und angemessene Entschädigung für die Betroffenen erreicht werden. Betroffene sollten sich bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche von einem spezialisierten Anwalt unterstützen lassen, um ihre Rechte bestmöglich zu wahren.
Quelle(n): https://www.gesetze-bayern.de/ Bild von Akent879 auf Pixabay
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