Artikel vom 29.10.2025

Schrittgeschwindigkeit bei haltenden Bussen

Im deutschen Verkehrsrecht steht der Schutz von Kindern und anderen schwächeren Verkehrsteilnehmern an vorderster Stelle. Eine zentrale Regel greift dabei beim Vorbeifahren an haltenden Schul‑ oder Linienbussen: Wer an einem Bus mit eingeschaltetem Warnblinklicht vorbeifährt, muss Schrittgeschwindigkeit einhalten. Dieser Grundsatz ist nach wie vor maßgeblich und wird auch im Jahr 2025 in Deutschland konsequent angewandt.

Was bedeutet Schrittgeschwindigkeit?

Nach der gängigen Rechtsprechung und Praxis im deutschen Verkehrsrecht ist mit „Schrittgeschwindigkeit“ eine Geschwindigkeit zu verstehen, bei der der Fahrzeugführer jederzeit zum Halten in der Lage ist – typischerweise etwa 4 bis 7 km/h. Bei höheren Geschwindigkeiten können Verkehrsteilnehmer wie Kinder, die unachtsam die Fahrbahn überqueren, nicht mehr rechtzeitig wahrgenommen und Unfälle vermieden werden. Ausländische Übersetzungen führen gelegentlich „walking speed“ als Orientierung an.

Rechtliche Grundlage

Die Regel ergibt sich aus § 5 Absatz 2 Satz 2 StVO, der das Überholen an haltenden Omnibussen oder Schulbussen mit Warnblinklicht verbietet, soweit ein Kind ein‑ oder aussteigt oder eine Gefahr besteht. Dazu kommen allgemeine Normen wie § 1 StVO (Grundregeln) und § 3 StVO (Geschwindigkeit). Obwohl eine absolute km/h‑Vorgabe gesetzlich nicht enthalten ist, wird die Schrittgeschwindigkeit durch die Rechtsprechung gesetzt. Ausländische Rechtsquellen bestätigen diese Praxis ausdrücklich.

Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgericht Koblenz (Az. 12 U 806/11) zeigt die Haftungspraxis für das Jahr 2025 auf. Der Fahrer eines Pkw hatte einen haltenden Schulbus überholt und dabei die Schrittgeschwindigkeit nicht eingehalten. Ein Kind war unachtsam zur Haltestelle gelaufen und wurde beim Überqueren der Fahrbahn vom vorbeifahrenden Pkw erfasst. Das Gericht sah die überwiegende Haftung beim überholenden Fahrzeugführenden und setzte die Haftungsquote auf 75 Prozent fest – auch wenn das Kind mitverantwortlich war.

Relevanz der aktuellen Verkehrsrechtsreform 2025

Auch im Rahmen der Verkehrsrechts‑Reform 2025 wird die Schutzpflicht an Bushaltestellen bestätigt: Der Bundesrat hat im März 2025 Änderungen der Straßenverkehrsordnung gebilligt, die Gemeinden größere Möglichkeiten zur Einrichtung von 30‑km/h‑Zonen („Schulwege“), Radfahrstreifen und Haltebuchten geben. Zwar behandelt die Reform nicht spezifisch die Schrittgeschwindigkeit am Bus, sie unterstreicht jedoch die verstärkte Bedeutung von Geschwindigkeitsanpassung und Verkehrssicherheit im Umfeld von Kindern und Bussen.

Beim Vorbeifahren an haltenden Bussen mit eingeschaltetem Warnblinklicht gilt für Fahrer die Pflicht, Schrittgeschwindigkeit einzuhalten. Wer schneller fährt, erhöht nicht nur das Unfallrisiko, sondern setzt sich im Falle eines Zusammenstoßes mit einem unachtsamen Kind einer erheblichen Haftung aus. Auch wenn das Kind die Fahrbahn unerwartet betritt, liegt die Hauptverantwortung in der Regel beim Fahrzeugführer, der die zulässige Schrittgeschwindigkeit überschritten hat. Die im Jahr 2025 geltende Verkehrsrechtsreform stärkt zusätzlich die Sicherheitsmaßnahmen in Schul- und Haltestellenzonen, verändert aber nicht die individuelle Pflicht des Fahrers, die Geschwindigkeit rechtzeitig anzupassen und besonders aufmerksam zu sein. Dadurch wird klar, dass Rücksicht, angemessene Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren unverzichtbare Pflichten jedes Verkehrsteilnehmers bleiben.


Quelle(n): Oberlandesgericht Koblenz, AZ 12 U 806/11 Bild von Arul auf Pixabay


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