Artikel vom 31.10.2024

Unfall ohne Führerschein: Welche Regressansprüche hat die Kfz-Versicherung?

Wenn ein Fahrer ohne gültigen Führerschein einen Unfall verursacht, kann das erhebliche finanzielle Folgen haben. Neben strafrechtlichen Konsequenzen stellt sich die Frage: Haftet die Kfz-Versicherung? Und kann sie Regressforderungen gegen den Unfallverursacher erheben? Ein aktueller Fall am Amtsgericht Lörrach zeigt die rechtliche Lage und erklärt die Höhe möglicher Regressansprüche.

Versicherungspflicht bei Unfällen durch Fahrer ohne Führerschein

In Deutschland ist es verpflichtend, dass jedes zugelassene Fahrzeug durch eine Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt ist. Diese reguliert im Schadensfall die Kosten für Schäden am gegnerischen Fahrzeug, auch wenn der Fahrer des verursachenden Fahrzeugs ohne Führerschein unterwegs war. Die Versicherung hat jedoch in solchen Fällen das Recht, den Unfallverursacher in Regress zu nehmen und damit einen Teil der Kosten zurückzufordern. Bei Regressansprüchen durch die Versicherung spielen jedoch verschiedene Faktoren wie Höhe der Schadenssumme, Art der Fahrerlaubnisverletzung und die Versicherungsvertragsbedingungen eine zentrale Rolle.

Fallbeispiel: Unfall eines Fahrers ohne gültige Fahrerlaubnis

In einem Fall am Amtsgericht Lörrach kam es zu einem Verkehrsunfall, bei dem ein Fahrer ohne gültige Fahrerlaubnis beim Linksabbiegen mit einem von hinten überholenden Fahrzeug kollidierte. Der Schaden am überholenden Fahrzeug belief sich auf etwa 30.000 Euro. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers übernahm die Schadensregulierung und forderte anschließend 5.000 Euro vom Unfallfahrer zurück. Das Amtsgericht Lörrach bestätigte die Regressforderung der Versicherung, die auf einer schwerwiegenden Obliegenheitsverletzung durch das Fahren ohne Führerschein beruhte.

Was ist eine Obliegenheitsverletzung und warum ist sie entscheidend?

Eine Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer oder eine mitversicherte Person gegen die im Vertrag festgelegten Pflichten verstößt. In diesem Fall war der Verstoß das Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis, was die Versicherung als schwerwiegende Verletzung wertete. Diese Pflichtverletzung kann für die Versicherung einen Grund darstellen, um Regressansprüche geltend zu machen, weil der Versicherungsschutz nur bei Einhaltung dieser Pflichten vollständig gewährleistet ist.

Beispielhafte Obliegenheitsverletzungen in der Kfz-Versicherung:

  1. Fahren ohne Führerschein – Hier ist der Versicherungsschutz weiterhin gültig, die Versicherung kann aber Regressforderungen erheben.
  2. Unfallflucht – Auch hier kann die Versicherung eine Rückforderung geltend machen, wenn die Meldung des Schadens unterlassen wird.
  3. Alkohol oder Drogen am Steuer – Solche Verstöße werden ebenfalls als Obliegenheitsverletzungen gewertet und können zur Rückforderung führen.

Die Haftung im Innenverhältnis: Versicherung gegen Unfallverursacher

Da der Unfallverursacher ohne Fahrerlaubnis gefahren war, konnte die Versicherung im Innenverhältnis eine Rückforderung in Höhe von 5.000 Euro geltend machen. Hierzu stellte das Gericht fest, dass die Regeln zur Fahrerlaubnispflicht für alle Fahrer eines Fahrzeugs gelten, unabhängig davon, ob diese die Hauptversicherungsnehmer sind oder nur eine mitversicherte Person. Das bedeutet, dass jeder Fahrer, der eine Kfz-Haftpflichtversicherung in Anspruch nimmt, diese Pflichten einhalten muss.

Im Außenverhältnis – also gegenüber dem geschädigten Dritten – regulierte die Versicherung den gesamten Schaden und übernahm damit ihre gesetzliche Pflicht. Durch den Regressanspruch kann sie jedoch einen Teil der Kosten intern vom Unfallverursacher zurückfordern, was die Versicherung finanziell entlastet.

Welche Rolle spielen Verursachungsbeiträge und Betriebsgefahr?

Das Gericht in Lörrach berücksichtigte auch die Betriebsgefahr der beiden beteiligten Fahrzeuge und die jeweilige Verursachung der beiden Fahrer:

  • Verursachungsbeiträge des Unfallverursachers: Das Gericht stellte fest, dass der Unfallfahrer seine Rückschaupflicht vor dem Linksabbiegen missachtet hatte. Dies erhöhte seine Mitschuld am Unfall.
  • Betriebsgefahr des Überholenden: Der Überholende fuhr leicht überhöht und beendete den Überholvorgang nicht rechtzeitig, was ebenfalls als Mitverursachung gewertet wurde.

Bei der Festlegung der Haftungsanteile kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Unfallverursacher ohne Fahrerlaubnis den Hauptteil des Schadens zu tragen hat.

Regress der Versicherung: Gedeckelte Rückforderung

Laut § 5 Abs. 1 Nr. 4 und § 5 Abs. 3 der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung (KfzPflVV) ist die maximale Höhe der Rückforderung in solchen Fällen auf 5.000 Euro begrenzt. Diese Deckelung schützt die Versicherten vor übermäßig hohen Rückforderungen, während die Versicherung dennoch eine Entlastung erhält.

Wichtige gesetzliche Grundlagen zur Regressforderung:

  • Die KfzPflVV begrenzt den Regressanspruch in der Kfz-Haftpflichtversicherung auf maximal 5.000 Euro.
  • Diese Deckelung gilt für Obliegenheitsverletzungen wie das Fahren ohne Fahrerlaubnis und bietet dem Versicherten eine Obergrenze für seine finanzielle Haftung.

Versicherungsschutz und Regressansprüche: Die Pflichten des Unfallfahrers

Für Fahrer ohne Führerschein hat der Fall am Amtsgericht Lörrach klare Konsequenzen aufgezeigt. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist verpflichtet, den Schaden des Unfallgegners zunächst zu übernehmen. Allerdings behält die Versicherung das Recht, im Innenverhältnis einen Regressanspruch geltend zu machen und eine Kostenbeteiligung vom Unfallverursacher einzufordern. Die Begrenzung der Rückforderung auf 5.000 Euro bietet dabei zwar eine finanzielle Absicherung, entbindet den Unfallfahrer jedoch nicht von der Pflicht zur Zahlung.

Unfall ohne Führerschein führt zu Regressforderungen

Ein Unfall ohne gültige Fahrerlaubnis bringt erhebliche Risiken und finanzielle Belastungen für den Fahrer mit sich. Der Fall am Amtsgericht Lörrach verdeutlicht, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung zwar zunächst die Schäden reguliert, im Innenverhältnis jedoch eine Rückforderung geltend machen kann. Der Regressanspruch bleibt auch dann bestehen, wenn der Fahrer nur eine mitversicherte Person und nicht Hauptversicherungsnehmer ist. Die finanzielle Obergrenze von 5.000 Euro gemäß KfzPflVV schützt den Fahrer jedoch vor höheren Rückforderungen.

Für Fahrzeughalter und Fahrer ist dieser Fall ein deutlicher Hinweis auf die Notwendigkeit, die Gültigkeit der Fahrerlaubnis stets sicherzustellen und keine Fahrten ohne entsprechende Erlaubnis vorzunehmen. Die Kfz-Haftpflichtversicherung übernimmt zwar die Regulierung im Außenverhältnis, doch wird sie die Verletzung der vertraglichen Pflichten – insbesondere das Fahren ohne Führerschein – nicht unbeachtet lassen und Regressforderungen erheben.


Quelle(n): https://www.haufe.de/recht/weitere-rechtsgebiete/verkehrsrecht/ag-loerrach-unfall-ohne-fahrerlaubnis-regress-der-versicherung_212_624026.html


×