Artikel vom 14.10.2025

Verkehrsrechtliche Regelungen bei Notfällen während der Schwangerschaft

Das deutsche Verkehrsrecht berücksichtigt in bestimmten Situationen die Notwendigkeit, von Tempolimits und Fahrverboten abzuweichen. Besonders relevant sind Notfälle während der Schwangerschaft, in denen werdende Väter oder andere Angehörige schnell zu einer schwangeren Frau fahren müssen. Die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwischen akuten Notlagen und Umständen, die keine sofortige Gefahr darstellen.

Notstandsähnliche Situationen im Verkehrsrecht

Im Straßenverkehr können bestimmte Situationen als notstandsähnlich bewertet werden, wenn eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht. Im Falle einer Schwangerschaft kann dies beispielsweise dann gelten, wenn die Frau Komplikationen bei der Geburt hat oder medizinische Hilfe dringend benötigt.

Nach § 25 StVG kann ein Fahrverbot verhängt werden, wenn ein Verkehrsteilnehmer grob verkehrswidrig handelt. Bei einem Notfall kann das Gericht jedoch prüfen, ob die Handlung aus berechtigter Sorge erfolgte, sodass das Verkehrsvergehen unter mildernden Umständen bewertet wird.

Wichtig ist, dass die Notlage nachweisbar und unmittelbar ist. Nur eine generelle Sorge um die schwangere Frau reicht nicht aus, um ein Fahrverbot automatisch zu vermeiden. Die Gerichte legen Wert darauf, dass eine konkrete Gefährdungslage vorliegt, die ein sofortiges Handeln erfordert.

Abwägung zwischen Verkehrsverstößen und Notfällen

Die zentrale Frage im Verkehrsrecht lautet: Wann überwiegt die Notwendigkeit der Eile gegenüber der Pflicht zur Einhaltung der Verkehrsregeln?

  • Akute Notlage: Das Fahren über Tempolimits oder das Überschreiten anderer Verkehrsregeln kann als gerechtfertigt angesehen werden, wenn dadurch unmittelbar Leben oder Gesundheit gerettet wird.

  • Keine akute Gefahr: Wenn die schwangere Frau bereits in ärztlicher Betreuung ist oder keine unmittelbare Bedrohung besteht, gilt die Verkehrssicherheit weiterhin als vorrangig. Ein Verstoß wird entsprechend geahndet.

Das Gericht bewertet hierbei stets den konkreten Einzelfall, insbesondere die Subjektivität des Handelns. Grobe Pflichtverletzungen wie extrem hohe Geschwindigkeiten ohne Notwendigkeit führen in der Regel zu Bußgeldern und Fahrverboten.

Beweismittel und gerichtliche Prüfung

Um eine Ausnahme von der Regel zu rechtfertigen, müssen Verkehrsteilnehmer glaubhaft machen, dass eine Notfallsituation vorlag. Das kann geschehen durch:

  • Ärztliche Atteste oder Krankenhausberichte

  • Zeugenaussagen (z. B. der schwangeren Person oder behandelnder Ärzte)

  • Zeitliche Nachweise über die Dringlichkeit der Situation

Gerichte prüfen sorgfältig, ob die Angaben plausibel sind und ob die gefahrene Geschwindigkeit verhältnismäßig zur Notlage war. Nur wenn die Gefahr unmittelbar und ernsthaft war, kann dies das Fahrverbot aufheben oder mildern.

Rechtsfolgen bei Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit

Das deutsche Verkehrsrecht unterscheidet zwischen fahrlässigen und vorsätzlichen Verkehrsverstößen.

  • Fahrlässig: Wer unabsichtlich die Verkehrsregeln überschreitet, muss mit Bußgeldern und Fahrverboten nach der Bußgeldkatalogverordnung rechnen.

  • Vorsätzlich: Wer bewusst grob verkehrswidrig handelt, kann höhere Bußgelder und längere Fahrverbote erhalten.

Bei Notfällen prüft das Gericht, ob das Handeln aus berechtigtem Notstand resultierte. Eine bloße persönliche Dringlichkeit ohne konkrete Gefahr wird in der Regel nicht anerkannt.

Tipps für Verkehrsteilnehmer

  • Dokumentation: Halte alle relevanten Informationen fest, z. B. medizinische Notlage, Uhrzeit und Zeugen.

  • Maßvolle Geschwindigkeit: Auch in Notfällen sollte die Geschwindigkeit so gewählt werden, dass das Risiko für andere Verkehrsteilnehmer minimiert wird.

  • Kooperation mit Behörden: Im Bußgeldverfahren sollte offen und nachvollziehbar erklärt werden, warum die Geschwindigkeitsüberschreitung erfolgte.

  • Rechtsberatung: Bei Unsicherheit über die Verkehrssituation oder die Notlage empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen.


Quelle(n): Oberlandesgericht Karlsruhe, Aktenzeichen: 2 Ss 33/01 Oberlandesgericht Hamm, Aktenzeichen: 5 Ss OWi 493/08


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