Abstandsmessung Autobahn: Wie teuer wird ein zu geringer Abstand?

Obwohl die StVO keinen konkreten Mindestabstand nennt, gehören Abstandsverstöße zu den größten Verkehrssünden. Wer nach einer Abstandsmessung auf der Autobahn Post von der Bußgeldbehörde erhält, muss mit Geldstrafen, Punkten in Flensburg und Fahrverboten rechnen.

Wie wird eine Abstandsmessung auf der Autobahn durchgeführt?

Eine Abstandsmessung auf der Autobahn wird durch die Behörden mit verschiedenen Methoden durchgeführt. Bei allen Methoden werden gleichzeitig Geschwindigkeit und Abstand zum vorgelagerten Fahrzeug gemessen.

Häufig sind Polizeibeamte zivilen Fahrzeugen auf der Autobahn im Einsatz. Die Polizisten folgen einem Fahrzeug in einem möglichst konstanten Abstand. Mit dem sogenannten ProViDa System wird die gefahrene Geschwindigkeit gemessen und zugleich ein Video angefertigt.

Dadurch lässt sich auch der Abstand des beobachteten Fahrzeugs zum vorgelagerten Fahrzeug ermitteln. Die Kameras fertigen automatisch Beweismaterial an. Wer bei dieser Art der Abstandsmessung auf der Autobahn mit einem zu geringen Abstand erwischt wird, wird zumeist direkt vor Ort durch die Polizeibeamten mit den Vorwürfen konfrontiert.

Eine weitere Methode steht in der Messung von Abständen mittels videobasierter Abstandsmessungsanlagen (VAMA). Solche Anlagen werden häufig auf Autobahnbrücken installiert – sowohl mobil als auch stationär. Auf der Fahrbahn gibt es bestimmte markierte Bereiche. Diese werden gefilmt. Die Videokamera verfügt zusätzlich über eine Stoppuhr. Polizeibeamte beobachten die Videoaufzeichnungen und lösen bei einem Abstandsverstoß ein Foto aus.

Die dritte häufig eingesetzte Methode ist ein Verkehrskontrollsystem (VKS). Dabei werden insgesamt sechs Kontrollpunkte auf der Fahrbahn platziert und vermessen. Auf einer Brücke befindet sich eine Videokamera, die die Fahrbahn beobachtet und die Kontrollpunkte in ein softwaregestütztes, virtuelles Messfeld umwandelt. Innerhalb dieses Messfeldes werden bei durchfahrenden Fahrzeugen sowohl die Geschwindigkeit als auch der Abstand zum vorgelagerten Fahrzeug dokumentiert.

Die Abstandsmessung auf der Autobahn ist etwas komplizierter als eine simple Geschwindigkeitsmessung. Der Grund: Während eine Geschwindigkeitsübertretung einen momentanen Verstoß darstellt und sich durch ein einziges Foto beweisen lässt, verhält es sich bei Abstandsverstößen etwas komplizierter. Sanktioniert werden zu geringe Abstände nur, wenn diese über einen längeren Zeitraum vorliegen.

Die Komplexität der Abstandsmessung auf der Autobahn macht das System anfällig für Fehler. Deshalb kommt es häufig zu falschen, rechtlich nicht haltbaren Bußgeldbescheiden. Wenn Sie einen Bußgeldbescheid erhalten haben und sich ungerecht behandelt fühlen, sollten Sie Ihren Fall einem erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht vorlegen. Dieser kann beurteilen, ob die Abstandsmessung möglicherweise anfechtbar ist.

StVO: Welcher Mindestabstand nach vorne gilt?

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt das Abstandsgebot in § 4 Abs. 1. Hier heißt es wörtlich: „Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Wer vorausfährt, darf nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen.“

Die StVO fordert diesen Abstand also in der Regel ein. Dies bedeutet auch, dass der Abstand kurzzeitig unterschritten werden darf. Dennoch definiert die StVO keinen bestimmten Abstand in Metern oder Sekunden.

Hier müssen sich Autofahrer mit etablierten Faustformeln behelfen, die auch für die Feststellung von Abstandsverstößen relevant sind. So sollte der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug innerhalb geschlossener Ortschaften bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h entweder mindestens 15 m bzw. drei Pkw-Längen betragen. Alternativ lässt sich der Mindestabstand innerorts auf die innerhalb 1 Sekunde zurückgelegten Strecke taxieren.

Auf Landstraßen und auf der Autobahn gilt aufgrund der höheren Geschwindigkeiten ein größerer Mindestabstand. Eine Faustformel lautet: Halber Tachoabstand. Wer 100 km/h schnell fährt sollte demnach 50 m Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten.

Auch die 2 Sekunden Regel wird häufig angeführt: Der Abstand sollte demnach der Strecke entsprechen, die bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit innerhalb von 2 Sekunden zurückgelegt wird. Rechnerisch entsprechen 2 Sekunden bei 100 km/h ca. 55 m.

Autofahrer können sich an den Leitpfosten am Straßenrand orientieren. Diese sind grundsätzlich (aber nicht immer zwingend) im Abstand von 50 m aufgestellt. Alternativ können Fahrer warten, bis das vorausfahrende Fahrzeug einen anderen markanten Punkt wie z.B. einen Baum passiert und von dort beginnen zu zählen. Bis der markante Punkt durch das eigene Fahrzeug passiert wird, sollten dann 2 Sekunden vergehen.

Wichtig: Dieser Mindestabstand gilt, um bei einer Abstandsmessung auf der Autobahn oder andernorts kein Bußgeld befürchten zu müssen. Der Abstand ist jedoch grundsätzlich an die Verkehrs- und Witterungsumstände anzupassen. Bei glatten Straßen, Nebel, unübersichtlicher Verkehrslage etc. ist der Abstand zu vergrößern.

Abstandsmessungen auf der Autobahn sind grundsätzlich anfechtbar. Fehler bei Technik und Auswertung können die Ergebnisse verfälschen. Spezialisierte Fachanwälte für Verkehrsrecht können jedoch auf Basis der Ermittlungsakten und der Messunterlagen erkennen, ob bei der Messung Schwachstellen vorliegen oder sich eine Anfechtung lohnt.

Auch zur Seite gilt ein Mindestabstand

Übrigens gilt auch zur Seite ein Mindestabstand. Relevant ist dies vor allem beim Überholen. Dies regelt die StVO in § 5. Gemäß Abs. 4 muss ein ausreichender Seitenabstand zum anderen Verkehrsteilnehmer eingehalten werden. Zu Fußgängern, Radfahrern und Elektrokleinfahrzeugen muss ein Mindestabstand von 1,5 m innerorts und 2 m außerorts eingehalten werden. Überholen Radfahrer stehende Pkw an Kreuzungen oder Einmündungen rechts, gilt dies ausnahmsweise nicht.

Gegenüber anderen Pkw sowie Lkw beträgt der Mindestabstand beim Überholen 1,0 m, gegenüber Motorrädern 1,5 m und gegenüber wartenden Schul- und Linienbussen 2,0 m.

Wann wird „Drängeln“ zu „Nötigung im Straßenverkehr“?

Zu dichtes Auffahren kann unter Umständen nicht nur einen Verstoß gegen die StVO, sondern eine Straftat darstellen. Das Stichwort: Nötigung im Straßenverkehr.

Nötigung ist in § 240 StGB geregelt. Dort heißt es: „Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Nötigung kann etwa dann vorliegen, wenn ein Autofahrer durch dichtes Auffahren auf das vorausfahrende Fahrzeug und das Betätigen der Lichthupe Druck auf den Vordermann ausübt, die Spur zu wechseln.

Dichtes Auffahren ist grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat. Zu Nötigung wird es, wenn länger sehr dicht aufgefahren und die Lichthupe betätigt wird. Im Zweifel entscheiden Gerichte darüber, ob eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat vorliegt. Dabei spielt es auch eine Rolle, ob das Verhalten verwerflich war.

Nötigung liegt etwa auch vor, wenn der Hintermann grundlos und vorsätzlich ausgebremst oder am Überholen gehindert wird.

Im Fall von Nötigung gilt nicht der reguläre Bußgeldkatalog. Stattdessen verhängt das Gericht eine Geldstrafe, die in Tagessätzen und damit abhängig vom Bruttomonatsgehalt festgelegt wird. Fahrverbote oder – insbesondere bei schweren oder wiederholten Fällen – ein Entzug der Fahrerlaubnis und sogar Freiheitsstrafen sind ebenfalls möglich.

Ihnen wird Nötigung im Straßenverkehr vorgeworfen? Kontaktieren Sie so früh wie möglich einen erfahrenen Anwalt für Verkehrsrecht. Dieser kann abschätzen, ob eine strafrechtliche Verfolgung durch die Behörden in Betracht kommt und frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten.

In modernen Fahrzeugen schützt die Technik – zum Teil

In modernen Fahrzeugen unterstützt die Technik den Fahrer bei der Einhaltung der vorgeschriebenen Abstände. Abstandswarner etwa warnen durch akustische und visuelle Signale, wenn der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug – oder zur Seite – unterschritten wird.

Noch einen Schritt weitergehen Abstandsregel-Tempomaten (Adaptive Cruise Control,  ACC) . Diese setzen Radarsignale ein und messen darüber den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug. Das ACC hält den passenden Abstand selbstständig ein, indem es bei Bedarf bremst oder beschleunigt. Autofahrer können sich jedoch nach einer Abstandsmessung auf der Autobahn und dem Vorwurf eines Abstandsvergehens nicht auf die Technik berufen. Verantwortlich bleibt immer der Fahrzeugführer.

Welche Strafen drohen nach einer Abstandsmessung auf der Autobahn?

Wird Ihnen nach einer Abstandsmessung auf der Autobahn ein zu geringer Abstand vorgeworfen, müssen Sie mit Bußgeldern rechnen. Außerdem können Punkte in der Verkehrssünderkartei in Flensburg und ein Fahrverbot drohen.

Grundsätzlich gilt: Je geringer der Abstand und je größer die daraus resultierende potentielle Gefährdung, desto härter die Strafe. Das genaue Ausmaß der Sanktion hängt von der Geschwindigkeit und dem Abstand ab.

Die Strafen im Überblick:

Geschwindigkeit Abstand Bußgeld Bußgeld inkl. Gebühren und Auslagen Punkte in Flensburg Fahrverbot
Unter 80 km/h Ohne Gefährdung 25 EUR 53,50 EUR
Mit Gefährdung 30 EUR 58,50 EUR
Mit Sachbeschädigung 35 EUR 63,50 EUR
Über 80 km/h Abstand <5/10 des halben Tachowertes 75 EUR

 

103,50 EUR 1
Abstand <4/10 des halben Tachowertes 100 EUR 128,50 EUR 1
Abstand <3/10 des halben Tachowertes 160 EUR 188,50 EUR 1
Abstand <2/10 des halben Tachowertes 240 EUR 268,50 EUR 1
Abstand <1/10 des halben Tachowertes 320 EUR 348,50 EUR 1
Über 100 km/h Abstand <5/10 des halben Tachowertes 75 EUR 103,50 EUR 1
Abstand <4/10 des halben Tachowertes 100 EUR 128,50 EUR 1
Abstand <3/10 des halben Tachowertes 160 EUR 188,50 EUR 2 1 Monat
Abstand <2/10 des halben Tachowertes 240 EUR 268,50 EUR 2 2 Monate
Abstand <1/10 des halben Tachowertes 320 EUR 348,50 EUR 2 3 Monate
Über 130 km/h Abstand <5/10 des halben Tachowertes 100 EUR 128,50 EUR 1
Abstand <4/10 des halben Tachowertes 180 EUR 208,50 EUR 1
Abstand <3/10 des halben Tachowertes 240 EUR 268,50 EUR 2 1 Monat
Abstand <2/10 des halben Tachowertes 320 EUR 348,50 EUR 2 2 Monate
Abstand <1/10 des halben Tachowertes 400 EUR 428,50 EUR 2 3 Monate

 

Ein Blick auf die Bearbeitungsgebühren und Auslagen ist wichtig, da diese in der Praxis immer anfallen. Gemäß § 107 des Ordnungswidrigkeitsgesetzes (OWiG) fallen zusätzlich zum erlassenen Bußgeld Bearbeitungsgebühren in Höhe von 5 % der Geldbuße an – mindestens jedoch 25 EUR und maximal 7500 EUR.

Da nach einer Abstandsmessung auf der Autobahn das Bußgeld maximal 400 EUR beträgt, fällt unabhängig von der Höhe der Strafe immer die Mindestgebühr von 25 EUR an. Zusätzlich verlangen die Behörden gemäß § 107 Abs. 3 Satz 2 eine Pauschale in Höhe von 3,50 EUR für jede Zustellung mittels Zustellungsurkunde, Einschreiben gegen Rückschein oder durch Bedienstete der Verwaltungsbehörde.

Die gute Nachricht: Nicht immer sind die Bußgeldbescheide rechtens. Häufig führen Fehler bei der Abstandsmessung zur Ungültigkeit der Vorwürfe. Kontaktieren Sie einen erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht, um Anfechtungsmöglichkeiten für ihren Fall zu analysieren.

Was droht Fahranfängern nach einer Abstandsmessung auf der Autobahn?

Fahranfängern droht nach einer Abstandsmessung auf der Autobahn oder andernorts besonderes Ungemach. Zusätzlich zu Geldstrafen, Punkten und Fahrverboten kann es auch zu einer Verlängerung der Probezeit auf vier Jahre kommen.

Außerdem müssen Fahranfänger bei einem Abstandsverstoß in der Probezeit ein Aufbauseminar belegen – auf eigene Kosten. Zu einer Verlängerung der Probezeit und der Teilnahmepflicht an Aufbauseminar kommt es bei einem sogenannten A-Verstoß. Als A-Verstoß gelten  Abstandsvergehen mit einer Geschwindigkeit von über 80 km/h bei einem geringeren Abstand als 5/10 des halben Tachowertes.

Als Fahranfänger sollten Sie nach einem Bußgeldbescheid unbedingt prüfen, ob sich ein Einspruch lohnt. Kontaktieren Sie dazu einen erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht, der Ihren Fall individuell auf Anfechtungsmöglichkeiten prüft.

Abstandsverstöße auf der Autobahn im Ausland

Auch im Ausland sollten Autofahrer den vorgeschriebenen Abstand einhalten. In anderen Ländern gibt es ebenfalls Strafen für zu geringe Abstände, die bei einer Abstandsmessung auf der Autobahn festgestellt werden. In Österreich etwa kommt es bei einem Abstand von 7-14 m bei 130 km/h zusätzlich zur Geldstrafe zu einem Eintrag im Vormerksystem. Ein Abstand von weniger als 7 m bei 130 km/h führt zusätzlich zu Geldstrafen und zum Entzug der Lenkberechtigung für mindestens sechs Monate.

Wer als deutscher Autofahrer auf ausländischen Autobahnen bei einem Abstandsverstoß überführt wird, muss lediglich die Geldstrafe zahlen. Punkte und Fahrverbote gelten nur im jeweiligen Land. Die Strafen sollten unbedingt bezahlt werden.

Andere EU-Mitgliedstaaten können sich auf Vollstreckungsabkommen berufen und Geldbußen ab 75 EUR auch in Deutschland vollstrecken. Dabei ist das Bundesamt für Justiz behilflich. Das Abkommen mit Österreich sieht diese Amtshilfe sogar bereits ab 25 EUR Bußgeld vor.

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