Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts: Welche Bußgelder und Strafen drohen?

Wer bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen – und im schlimmsten Fall sogar mit Punkten in Flensburg und zusätzlich einem Fahrverbot. Bis zu 800 EUR Geldstrafe, zwei Punkte in der Verkehrssünderkartei und drei Monate Führerscheinentzug sind möglich.

Höchstgeschwindigkeit innerorts: Was gilt für Pkw und Lkw?

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt in § 3 die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Diese beträgt gemäß Abs. 3 Satz 1 innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h. Diese Höchstgeschwindigkeit versteht sich als das unter günstigsten Umständen erlaubte Maximum. Lassen Verkehrs-, Sicht- oder Witterungsverhältnisse diese Geschwindigkeit nicht zu, ist das Tempo entsprechend nach unten anzupassen.

  • 3 Abs. 1 regelt etwa, dass nur so schnell gefahren werden darf, dass das Fahrzeug innerhalb der übersehbaren Strecke zum Stillstand gebracht werden kann. Für Fahrbahnen, die so schmal sind dass entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten gilt, dass das Fahrzeug spätestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke zum Stillstand gebracht werden kann.

Die Höchstgeschwindigkeit innerorts gilt für Lkw genauso wie für Pkw mit und ohne Anhänger sowie für Omnibusse.

Was bedeutet „innerorts“?

Wann genau gilt die Höchstgeschwindigkeit für geschlossene Ortschaften bzw. innerorts? Die geschlossene Ortschaft beschreibt den räumlichen Zusammenhang von Häusern und grenzt diesen Bereich von der freien Strecke ab.

Beginn und Ende der geschlossenen Ortschaft sind an der gelben Ortstafel zu erkennen. Ab dieser gilt beim Einfahren in den Ort die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit endet beim gelben Schild mit in Rot durchgestrichenem Ortsnamen beim Ausfahren aus der Ortschaft.

Innerorts zu schnell gefahren: Diese Strafen und Bußgelder drohen

Der Gesetzgeber hat für eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts höhere Bußgelder vorgesehen als für Geschwindigkeitsüberschreitungen außerorts. Dies liegt daran, dass innerorts besonders große Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Fahrradfahrer bestehen.

Das Ausmaß der Strafe richtet sich nach dem Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung. Je größer die Überschreitung des Erlaubten, desto höher das Bußgeld und desto mehr Punkte und mehr Monate Fahrverbot gibt es.

Die Strafen für eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts im Überblick:

Übertretung

Geschwindigkeit

Geldstrafe ohne Gebühren Geldstrafe inkl. Bearbeitungsgebühren

und Auslagen ca.

Punkte in Flensburg Fahrverbot
Bis 10 km/h 30 EUR 58,50 EUR - -
11-15 km/h 50 EUR 78,50 EUR - -
16-20 km/h 70 EUR 98,50 EUR - -
21-25 km/h 115 EUR 143,50 EUR 1 -
26-30 km/h 180 EUR 208,50 EUR 1 1 Monat bei 2. Tempoverstoß in 12 Monaten
31-40 km/h 260 EUR 288,50 EUR 2 1 Monat
41-50 km/h 400 EUR 428,50 EUR 2 1 Monat
51-60 km/h 560 EUR 591,50 EUR 2 2 Monate
61-70 km/h 700 EUR 738,50 EUR 2 3 Monate
Über 70 km/h 800 EUR 843,50 EUR 2 3 Monate

 

Einen Blick wert ist die Strafe bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts bei einer Übertretung der zulässigen Geschwindigkeit im Bereich von 26-30 km/h. Grundsätzlich sehen die Regelungen erst ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 km/h oder mehr ein Fahrverbot vor. Wer jedoch innerhalb von zwölf Monaten zweimal bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 25 km/h erwischt wird, gilt als Wiederholungstäter und muss mit einem Monat Fahrverbot rechnen.

Ein Blick auf die Bearbeitungsgebühren und Auslagen lohnt sich. Gemäß § 107 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) werden gemäß Abs. 1 Gebühren in Höhe von 5 % des festgesetzten Bußgeldbetrags, mindestens jedoch 25 EUR und höchstens 7500 EUR erhoben.

Die Gebühr beträgt dabei bis zu einem festgesetzten Bußgeld von 500 EUR stets 25 EUR und steigt darüber an. Vor allem bei kleineren Vergehen liegt die Gebühr fast so hoch wie das eigentliche Bußgeld.

Zusätzlich fallen gemäß § 107 Abs. 3 Satz Nr. 2 3,50 EUR für jede Zustellung mit Zustellungsurkunde, Einschreiben gegen Rückschein oder durch Bedienstete der Verwaltungsbehörde an.

Die gute Nachricht: Häufig sind Bußgeldbescheide wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts ungültig. Immer wieder kommt es zu fehlerhaften Messverfahren und anderen Verstößen gegen die ordnungsgemäße Durchführung. Wenden Sie sich an einen erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht und lassen Sie ihren Fall prüfen – so lässt sich die Strafe vielleicht noch abwenden.

Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts: Was bedeutet es für Fahranfänger?

Eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts kann für Fahranfänger besonders gravierende Konsequenzen nach sich ziehen. Dies gilt jedenfalls bei einer Überschreitung der Geschwindigkeit um 21 km/h oder mehr. Dann handelt es sich um einen sogenannten A-Verstoß. Neben Geldstrafen und Punkten sowie gegebenenfalls Fahrverboten verlängert sich die Probezeit um weitere zwei Jahre. Außerdem müssen Fahranfänger damit rechnen, zur Teilnahme an einem (kostenpflichtigen) Aufbauseminar aufgefordert zu werden.

Fahranfänger sollten besonders genau prüfen, ob sich nicht ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid lohnt. Wurde etwa etwa falsch gemessen oder der Toleranzabzug nicht berücksichtigt, kann allein dies aus einem B-Verstoß einen A-Verstoß mit verhängnisvollen Folgen machen. Lassen Sie Ihren Fall deshalb von einem versierten Fachanwalt für Verkehrsrecht prüfen und vermeiden Sie unnötige Strafen.

Welche Höchstgeschwindigkeit gilt innerorts im Ausland?

Eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts kann auch im Ausland drohen – etwa bei der Urlaubsfahrt mit dem Auto nach Österreich oder Italien. Die gute Nachricht: In den meisten europäischen Ländern gelten ähnliche Regelungen wie Deutschland.

Innerorts sind dann maximal 50 km/h erlaubt – es sei denn, Schilder legen eine geringere Geschwindigkeit fest. Einige Ausnahmen gibt es: In Albanien etwa beträgt die Höchstgeschwindigkeit innerorts 40 km/h, in Großbritannien 48 km/h.

In Rumänien, der Ukraine und Weißrussland sind 60 km/h erlaubt – ebenso in Litauen, dort allerdings nur für Fahrzeuge bis 3,5 t. Die in geschlossenen Ortschaften erlaubten Höchstgeschwindigkeiten gelten auch im Ausland für alle Fahrer. Außerorts und auf der Autobahn gibt es etwa in Frankreich, Italien und Kroatien abweichende Regelungen für Fahranfänger.

Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts im Ausland: Diese Strafen drohen

Wer einen Bußgeldbescheid aus dem Ausland erhält, sollte diesen keinesfalls ignorieren. Die Strafen können hierzulande vollstreckt werden. Durch Vollstreckungsabkommen können alle Strafen aus anderen EU-Mitgliedstaaten ab 70 EUR hierzulande durchgesetzt werden. In Österreich liegt die Grenze bei 25 EUR.

Punkte in Flensburg gibt es für Verkehrsverstöße im Ausland allerdings nicht. Auch Fahrverbote können ausschließlich in dem Land durchgesetzt werden, das den Bußgeldbescheid erlässt. Wer zum Beispiel in Italien mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit erwischt und mit einem Fahrverbot bestraft wird, darf in Deutschland trotzdem weiterfahren.

Wer Bußgelder aus dem Ausland nicht zahlt, muss bei der nächsten Einreise mit einer unangenehmen Überraschung rechnen. Im schlimmsten Fall wird bei der Einreise sogar ein offener Haftbefehl vollstreckt. Manche Länder gewähren einen Nachlass für schnelle Zahlungen. Dies gilt etwa in Italien, Frankreich, Großbritannien und Spanien.

Welche Strafen werden für eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts im Ausland fällig? Die Bandbreite ist hier sehr groß. Bei  einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h fallen etwa in der Türkei Bußgelder ab 15 EUR an. In Großbritannien können es bis zu 1195 EUR sein.

Bei größeren Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 50 km/h beginnen die Strafen bei 70 EUR in Malta und können bis hin zu 2990 EUR in Großbritannien reichen. In einigen Ländern gibt es auch einkommensabhängige Geldstrafen.

Wie funktioniert die Geschwindigkeitsmessung innerorts?

Für die Geschwindigkeitsmessung gibt es – innerorts wie außerorts – verschiedene Methoden. Sind Polizeibeamte vor Ort, setzen diese zumeist  Laserpistolen ein. Die Pistole wird auf das Kennzeichen des Fahrzeugs gerichtet und reflektiert den Laserstrahl. Daraus lässt sich die Geschwindigkeit berechnen.

Radargeräte basieren auf elektromagnetischen Wellen, die durch das Fahrzeug reflektiert werden. Die Geschwindigkeitsmessung basiert auf gemessenen Änderungen der Wellenlänge.

Eine weitere Methode stellen Induktionsschleifen dar. Dazu werden unter der Fahrbahn Spulen verlegt. Diese erkennen durch ihr Magnetfeld Fahrzeuge und können anhand der Zeit bis zum Erreichen der nächsten Induktionsspule berechnen, wie schnell das Fahrzeug unterwegs ist.

Für Geschwindigkeitsmessungen sind die Bundesländer zuständig. Diese legen Richtlinien fest und entscheiden etwa, ob Messgeräte getarnt werden dürfen oder nicht. Manche Länder machen keine Vorgaben. Bayern erlaubt eine natürliche Tarnung hinter Buschwerk, Bäumen etc., untersagt aber eine künstliche Tarnung.

In den Richtlinien wird auch festgelegt, wie groß der Mindestabstand zwischen einem Geschwindigkeitsschild und der Messung sein muss. Die meisten Länder legen hier Abstände von 150-200 m fest. Auch hier gibt es Ausnahmen - etwa vor Schulen. Das Land Baden-Württemberg kennt keinen Mindestabstand.

In manchen Bundesländern dürfen private Unternehmen für Hilfstätigkeiten bei der Geschwindigkeitsmessung eingesetzt werden.

In allen Bundesländern gilt jedoch ein Toleranzabzug. Bei Geschwindigkeiten unter 100m km/h beträgt dieser pauschal 3 km/h, bei Geschwindigkeiten über 100 km/h 3 % des gemessenen Ergebnisses.

Geschwindigkeitsmessung anfechten: Oft lohnt es sich

Es kann sich lohnen, einen Bußgeldbescheid wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts anzufechten. Oft werden die Messgeräte nicht korrekt eingesetzt. Dies zeigt jedenfalls die langjährige Erfahrung. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit einer Messung, ist der Bußgeldbescheid nichtig. Legen Sie Ihren Fall deshalb einem erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht vor und beraten Sie das weitere Vorgehen.

Aktuelle Urteile zur Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts

In der Rechtsprechung tauchen immer wieder Urteile zu Fällen auf, in denen Autofahrer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts einen Bußgeldbescheid erhielten und gegen diesen vorgegangen sind. Nachfolgend stellen wir einige dieser Urteile vor. Achtung: Mitunter handelt es sich um länger zurückliegende Fälle, bei denen andere Bußgelder und Strafen galten als nach dem aktuellen Bußgeldkatalog.

Fehlende Bebauung: Kein Fahrverbot trotz 31 km/h zu schnell

Ein Autofahrer war wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts um 31 km/h zu einer Geldbuße von 480 EUR verurteilt worden. Von einem eigentlich fälligen Fahrverbot sah das Gericht jedoch ab. Der Autofahrer - der den Verkehrsverstoß bereits bei der Messung zugegeben hatte – führte in der Hauptverhandlung an, dass an einem Ort gemessen worden sei, an dem sich keine geschlossene Bebauung mehr befinde.

Vielmehr sei die Straße in diesem Bereich sehr breit und übersichtlich. Das Gericht hielt diese Angaben für zutreffend und  entschied sich für 480 EUR anstelle der Regelbuße von 160 EUR und argumentierten, dass auf die Wirkung des Fahrverbots als nachhaltige Maßnahme in diesem Fall verzichtet werden könne, da das Gefahrenpotenzial an der Messstelle eher dem auf einer Landstraße entspreche.

AG Miesbach – Az.: 31 OWi 53 Js 14001/14 – Urteil vom 08.07.2014

War der schweigende Angeklagte auch der Fahrer? Urteil aufgehoben

Der Fall: ein Autofahrer war vom Amtsgericht Tiergarten wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts um 36 km/h zu 200 EUR Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt worden. Der Autofahrer legte  Rechtsbeschwerde ein. Das Kammergericht Berlin hob das Urteil des Amtsgerichts auf.

Der Grund: Die dem Urteil zugrundeliegende Beweiswürdigung ermöglichte dem Gericht seiner Ansicht nach aufgrund ihrer Lückenhaftigkeit die gebotene Überprüfung nicht. Das Gericht konnte nicht erkennen, wie in der Vorinstanz sichergestellt worden war, dass der Betroffene das betreffende Kfz zur Tatzeit geführt hatte. Der Betroffene hatte sich in der Haupthandlung nicht geäußert.

KG – Az.: 3 Ws (B) 18/21 – 162 Ss 7/21 – Beschluss vom 28.01.2021

Erneut 26 km/h zu schnell: Kein zweites Fahrverbot

Ein Autofahrer war innerhalb eines Jahres zweimal mit mehr als 26 km/h zu viel auf dem Tacho geblitzt worden. Im ersten Fall wurden eine Geldstrafe sowie ein Fahrverbot verhängt. Im Wiederholungsfall sah das Amtsgericht Düren nun von der Verhängung eines Fahrverbotes ab, da dies bereits beim ersten Fall verhängt worden war. Eigentlich sieht das Gesetz vor, erst bei der zweiten Überschreitung um 26 km/h ein Fahrverbot zu verhängen. Ein zweites Fahrverbot hätte nach Ansicht des Amtsgerichts eine unzulässige Doppelbelastung dargestellt.

AG Düren, Beschluss v. 30.09.2003 – Az.: 11 OWi 608 Js 599/03 – 787/03

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