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- Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Was droht bei Fahrerflucht?
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Was droht bei Fahrerflucht?
Unfallflucht ist eine Straftat – und kann schnell den Führerschein kosten. Ein Zettel hinter der Windschutzscheibe reicht nach einem Parkrempler nicht aus, um der Strafe zu entgehen.
Was ist unerlaubtes Entfernen vom Unfallort?
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort stellt eine Straftat dar. In § 142 StGB Abs. 1 heißt es dazu:
„Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
- zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
- eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Ein Unfall im Straßenverkehr liegt auch bei einem einfachen Parkrempler oder einem abgefahrenen Seitenspiegel vor. Dies ist in der Praxis besonders relevant, da der Geschädigte häufig nicht vor Ort ist. Unfallverursacher müssen dann eine „angemessene Zeit“ vor Ort bleiben und auf das Eintreffen des Geschädigten warten.
Das Gesetz definiert nicht, was angemessen ist. Als Richtwert aus der Rechtsprechung gilt für Sachschäden eine Wartezeit von ca. 30 Minuten. Bei Unfällen mit Personenschäden gelten 60 Minuten als angemessen.
Die angemessene Wartezeit richtet sich jedoch auch nach den Umständen. Wer am helllichten Tag auf einem Einkaufsparkplatz einen Seitenspiegel abfährt, sollte 30-45 Minuten warten – schließlich besteht hier eine große Chance, dass der Unfallgeschädigte sich in der Nähe befindet und sein Fahrzeug demnächst aufsucht. Langes nächtliches Warten in einem Parkhaus ist dagegen nicht notwendig: Hier reichen 15-20 Minuten Wartezeit aus.
Wer wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort angezeigt wird (oder werden könnte), sollte schnellstmöglich fachkundigen Rat einholen. Kontaktieren Sie einen erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht, um Ihre Situation zu erörtern.
Zettel an der Windschutzscheibe: Trotzdem Fahrerflucht
Viele Unfallverursacher warten eine gewisse Zeit (zum Beispiel 30 Minuten) und entscheiden sich dann, einen Zettel mit ihren Kontaktdaten zu hinterlassen. Wer so handelt, macht sich des unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar!
- 142 Abs. 2 regelt, dass auch Unfallbeteiligte mit Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden, die sich nach Ablauf der Wartefrist vom Unfallort entfernen und die Feststellung ihrer Personalien nicht unverzüglich nachträglich ermöglichen. Der Zettel hinter der Windschutzscheibe reicht dabei nicht aus.
In § 142 Abs. 3 legt der Gesetzgeber fest, dass die Verpflichtung zur Feststellung der Personalien erfüllt wird, wenn der Unfallverursacher „dem Berechtigten oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, dass er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält.“
Der Zettel hinter der Windschutzscheibe ist also eine höchst unsichere Methode, den Unfallgeschädigten zu informieren. Der Zettel könne durch Dritte entfernt werden oder durch Witterung von selbst verschwinden oder unlesbar werden. Zu den gesetzlichen Verpflichtungen zählt zudem, das Fahrzeug für eine zumutbare Zeit zur Verfügung zu halten, um weitere Ermittlungen zum Unfallhergang zu ermöglichen.
24-Stunden-Frist bei kleineren Schäden
Eine Erleichterung gibt es jedoch. Gemäß § 142 Abs. 4 sollen die Gerichte die Strafen mildern oder sogar ganz davon absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von 24 Stunden nach einem Unfall die erforderlichen Feststellungen nachträglich ermöglicht. Voraussetzung ist, dass es sich um einen Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs handelt, bei dem ausschließlich ein nicht bedeutender Sachschaden entstanden ist.
Eine nachträgliche Meldung ist also bei kleineren Parkdellen etc. durchaus möglich – wobei auch dann noch eine (mildere) Strafe anfallen kann. Wer unerlaubtes Entfernen vom Unfallort definitiv ausschließen möchte, sollte deshalb im Zweifel bei der Polizei anrufen und sich erst dann vom Unfallort entfernen.
In diesen Fällen handelt es sich NICHT um Fahrerflucht
Nicht jedes Verlassen des Unfallorts erfüllt den Tatbestand der Fahrerflucht. Wer selbst verletzt ist und medizinische Hilfe benötigt, darf dieses Anliegen vorziehen. Dasselbe gilt, wenn ein anderer Verletzter versorgt werden muss. Auch das Entfernen gefährlicher Gegenstände von der Straße rechtfertigt das Verlassen des Unfallorts vor einer Meldung an Unfallgeschädigte oder die Polizei. Die Meldung ist dann jedoch später nachzuholen.
Keine Meldung ist zudem erforderlich, wenn Schäden ausschließlich das eigene Fahrzeug betreffen. Wer Straßenschilder, Straßenlaternen oder Leitplanken mit dem Fahrzeug beschädigt, muss ebenfalls nicht am Unfallort verbleiben – den Schaden aber bei der Polizei melden.
Ihnen wird Unfallflucht vorgeworfen? Nicht immer ist die Sachlage so klar, wie die Strafverfolgungsbehörden es vermuten. Kontaktieren Sie einen erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht, um ihre Situation zu erörtern und den strafrechtlichen Schaden zu minimieren.
Unfallflucht durch Fußgänger und Radfahrer
Auch Fußgänger und Radfahrer können sich des unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar machen. § 142 Abs. 5 legt fest: „Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.“ Dabei verlangt das Gesetz nicht einmal zwingend eine regelwidrige Handlung.
Fußgänger können zu einem Unfall beitragen, indem sie plötzlich über die Straße laufen und Fahrzeuge zum plötzlichen Abbremsen zwingen. Wird so etwa ein Auffahrunfall verursacht, muss der Fußgänger vor Ort bleiben, bis seine Personalien festgestellt sind. Der Gesetzgeber will mit dem Tatbestand der Unfallflucht nicht nur die Rechte Geschädigter wahren, sondern auch die polizeiliche Möglichkeit der Aufklärung des Unfallhergangs sichern.
Diese Strafen drohen bei Unfallflucht
Die Strafen für Unfallflucht richten sich nach der Höhe des entstandenen Schadens. Die genaue Höhe wird durch ein Gericht (per Strafbefehl oder Urteil nach einer Gerichtswarnung) festgelegt. Zu erwarten sind:
- Schaden unter 600 EUR: Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage
- Schaden unter 1300 EUR: 30 Tagessätze, zwei Punkte in Flensburg und bis zu drei Monate Fahrverbot
- Schaden über 1300 EUR: Geldstrafe > 30 Tagessätze, drei Punkte in Flensburg, Entzug der Fahrerlaubnis mit mindestens sechsmonatiger Sperrfrist
Unterlassene Hilfeleistung und weitere Straftaten
Im Zusammenhang mit einer Unfallflucht kann es zu weiteren Straftaten kommen.
Kam es beim Unfall zu Personenschäden, kommt eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) in Betracht. Dann drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren. Zusätzlich gibt es bis zu drei Punkte in Flensburg sowie ein dreimonatiges Fahrverbot oder einen Entzug der Fahrerlaubnis.
Kommt es sogar zu einem Todesfall, kann Unfallflucht den Tatbestand der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) erfüllen. Dann drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren, drei Punkte in Flensburg sowie ein Entzug der Fahrerlaubnis.
Auch unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) kommt in Betracht. Hier drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr.
Ihnen werden nach einem Ereignis im Verkehr Unfallflucht, unterlassene Hilfeleistung, fahrlässige Tötung oder fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen? Kontaktieren Sie so schnell wie möglich einen Fachanwalt für Verkehrsrecht, umihre Situation zu erörtern.
Unfallflucht in der Probezeit und die Folgen
Wer sich in der Probezeit befindet und des unerlaubten Entfernens vom Unfallort beschuldigt wird, muss mit besonders harten Konsequenzen rechnen. Neben den regulären Strafen (Punkte in Flensburg, Fahrverbot, Entzug der Fahrerlaubnis, Geld- oder Freiheitsstrafen) greifen auch probezeitspezifische Sanktionen.
Gemäß Anlage 12 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) handelt es sich beim unerlaubten Entfernen vom Unfallort gemäß § 142 StGB um einen sogenannten A-Verstoß. Bei einem A-Verstoß wird die Probezeit auf vier Jahre verlängert. Außerdem müssen Betroffene ein Aufbauseminar besuchen und die Kosten dafür tragen (ca. 200-600 EUR).
Handelt sich bereits um den zweiten A Verstoß in der Probezeit, spricht die Führerscheinbehörde eine Verwarnung aus und empfiehlt die Inanspruchnahme einer verkehrspsychologischen Beratung. Beim dritten A-Verstoß folgt der Entzug der Fahrerlaubnis.
H2 Bei Fahrerflucht droht Regress durch die Kfz-Haftpflichtversicherung
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort führt nicht nur zu Strafen, sondern auch zu Regressforderungen des Kfz-Haftpflichtversicherer. Diese wird die Kosten des Geschädigten zunächst erstatten, den Unfallverursacher aber im Fall einer Fahrerflucht in Regress nehmen. Dies ist bis zu einer Höhe von 5000 EUR möglich – war Alkohol im Spiel, steigt die maximale Regresshöhe auf 10.000 EUR.
Der Schaden am eigenen Fahrzeug wird durch die Kaskoversicherung in der Regel ebenfalls nicht bezahlt. Die meisten Kaskoversicherungen enthalten eine Klausel, die den Versicherer von der Leistungspflicht befreit, wenn der Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit einem Schadensfall Straftaten begeht.
Wie kann ein Verfahren wegen Unfallflucht eingestellt werden?
Ein Strafverfahren wegen Unfallflucht kann auf verschiedenen Wegen eingestellt werden. Die Strafprozessordnung (StPO) sieht hier verschiedene Möglichkeiten vor. Wer des unerlaubten Entfernens vom Unfallort beschuldigt ist, sollte unbedingt anwaltlichen Rat einholen.
In der Praxis werden viele Strafverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt: Es mangelt an Tatnachweisen, weil Fahrzeug und/oder Täter nicht ermittelt werden können. Darauf sollten sich Unfallverursacher allerdings nicht verlassen. Jeder Zeuge, der ein Fahrzeug anhand des Kennzeichens identifizieren kann, steht einer Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 entgegen.
Abgabe des Verfahrens im Sinne des § 43 OWiG
Wer von der Staatsanwaltschaft Post erhält und darauf hingewiesen wird, dass das Verfahren wegen Unfallflucht gemäß § 43 OWiG an die Verwaltungsbehörde abgegeben wurde, kann sich freuen: Der strafrechtliche Teil ist damit vom Tisch.
Verfolgt wird jedoch durch die Verwaltungsbehörde noch die begangene Ordnungswidrigkeit (also der unfallverursachende Fahrfehler). Hier sind Punkte, Geldstrafen und Fahrverbote möglich – aber in geringerem Umfang als bei einer Verurteilung wegen einer Straftat.
Einstellung wegen Geringfügigkeit
Die Einstellung des Verfahrens ist gem. § 153 StPO auch wegen Geringfügigkeit möglich (aber selten). Dies kommt in Betracht, wenn der entstandene Schaden ausgesprochen niedrig ist.
Einstellung gegen Geldauflage
Sehr relevant ist in der Praxis die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage gemäß § 153a StPO. Der Beschuldigte muss dann einen bestimmten Geldbetrag an die öffentliche Hand oder eine gemeinnützige Einrichtung bezahlen.
Die Einstellung gegen Geldauflage kann bereits während des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft angeboten werden. Auch in Hauptverhandlungen und sogar nach einem Strafbefehl steht dieser Weg grundsätzlich noch offen – die Zustimmung des Gerichts vorausgesetzt.
Einstellung wegen anderer Verfahren
Gemäß § 154 StPO besteht für die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, ein Verfahren einzustellen, wenn gegen den Unfallverursacher bereits andere Strafverfahren laufen.
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Verjährung nach fünf Jahren
Der Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verjährt nach fünf Jahren.