Artikel vom 24.02.2023

Bundesgerichtshof beurteilt Aufklärungsobliegenheiten des Kaskoversicherers im Falle des § 142 Abs. 2 StGB

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Verstoß gegen § 142 Abs. 2 StGB (nicht unverzügliche Ermöglichung nachträglicher Feststellungen nach zunächst erlaubtem Entfernen vom Unfallort) nicht in jedem Falle zugleich eine vorsätzliche Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gegenüber dem Fahrzeugversicherer beinhaltet, die zu dessen Leistungsfreiheit führt. Im entschiedenen Fall hatte der Kläger mit seinem bei der Beklagten kaskoversicherten Fahrzeug einen Unfall erlitten und die Beklagte lehnte die Regulierung des Schadens ab, da sie eine Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten vermutete.

Fallbeispiel

Der Kläger erlitt gegen 1 Uhr morgens, als er – nach seiner Behauptung bei einem Ausweichmanöver wegen auf der Straße stehender Rehe – auf einer Landstraße in einer Rechtskurve nach links von der Fahrbahn abkam und mit dem Fahrzeugheck gegen einen Baum prallte, einen Unfall mit seinem bei der Beklagten kaskoversicherten Fahrzeug. Nach dem Unfall verständigte er den ADAC, der das Fahrzeug abschleppte, und ließ sich von einem herbeigerufenen Bekannten an der Unfallstelle abholen. Die Polizei und den Geschädigten (das zuständige Straßenbauamt) verständigte er nicht.

Klage und Entscheidung des BGH

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Regulierung des Schadens an seinem Fahrzeug, behauptete, ihr den Schaden unverzüglich angezeigt zu haben. Die Beklagte lehnte die Regulierung wegen der Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten ab. Diese Auffassung wurde in den Vorinstanzen bestätigt.

Der Bundesgerichtshof hat jedoch einen solchen Automatismus verneint und entschieden, dass dem Aufklärungsinteresse des Versicherers trotz eines Verstoßes gegen § 142 Abs. 2 StGB dann in ausreichender Weise genügt ist, wenn der Versicherungsnehmer zu dem Zeitpunkt, in dem eine nachträgliche Information des Geschädigten noch "unverzüglich" im Sinne von § 142 Abs. 2 StGB gewesen wäre und eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift vermieden hätte, zwar nicht den Geschädigten, aber unmittelbar seinen Versicherer oder dessen Agenten informiert hat. Dies hatte der Kläger behauptet. Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Fazit

Das Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt, dass ein Verstoß gegen § 142 Abs. 2 StGB nicht automatisch zu einer vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheiten gegenüber dem Fahrzeugversicherer führt. Der Kläger muss in ausreichender Weise beweisen, dass er den Versicherer oder dessen Agenten unmittelbar informiert hat.


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