Artikel vom 09.06.2023

Fahrtenbuchauflage nach Geschwindigkeitsüberschreitung: Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW

Ein neues Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sorgt für Aufsehen. In einem Fall, in dem die Behörden eine Fahrtenbuchauflage wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erlassen hatten, wurde die Auflage jetzt vom Gericht für rechtswidrig erklärt.

Fall im Detail: Fahrzeughalterin aus Rhein-Erft-Kreis erfolgreich

Am 25. Dezember 2021 wurde das Auto einer Fahrzeughalterin aus dem Rhein-Erft-Kreis mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts fotografiert. Ein junger Mann, gut auf dem Radarfoto erkennbar, war der Fahrer. Obwohl das Bußgeldverfahren eingestellt wurde, weil die Fahrzeughalterin auf ein Zeugnisverweigerungsrecht bestand und nicht an ihrem Wohnort angetroffen wurde, forderte der Rhein-Erft-Kreis sie auf, ein Fahrtenbuch für zwölf Monate zu führen. Die Klägerin legte Widerspruch ein und gab an, dass der Fahrer ihr Sohn war, der mit ihr zusammen lebte. Sie argumentierte, dass durch eine einfache Anfrage bei der Meldebehörde und einem Abgleich des Tatbildes mit dem Personalausweisfoto ihres Sohnes die Identifikation des Fahrers möglich gewesen wäre.

Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW: Fahrtenbuchauflage aufgehoben

Das Oberverwaltungsgericht NRW entschied zugunsten der Klägerin und hob die Fahrtenbuchauflage auf. Die Begründung des Gerichts lautete, dass eine Fahrtenbuchauflage nur dann erlassen werden darf, wenn es unmöglich ist, den Täter nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln. In diesem Fall wurde argumentiert, dass die Bußgeldbehörde nicht allen möglichen Ermittlungsansätzen nachgegangen ist, obwohl sie über ein klares Tatfoto verfügte und die Fahrzeughalterin auf ein Zeugnisverweigerungsrecht hinwies, was auf einen Täter aus dem Familienkreis hindeutete.

Entscheidende Faktoren und Folgen des Urteils

Das Gericht war der Auffassung, dass die Behörde der Meldebehörde hätte mitteilen sollen, dass Familienmitglieder unter derselben Anschrift wie die Klägerin wohnen, die als Fahrer in Frage kommen könnten. Auf dieser Grundlage hätte die Behörde dann möglicherweise deren Personalausweisfotos für einen Fotoabgleich anfordern können. Dies hätte zu einem Tatverdacht gegen den Sohn der Klägerin führen können und hätte somit die Fahrtenbuchauflage verhindert.

Dieses Urteil könnte künftig weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Fahrtenbuchauflage haben und gibt Fahrzeughaltern möglicherweise neue Möglichkeiten, gegen solche Auflagen vorzugehen.


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