Artikel vom 20.02.2023

Schadensersatzansprüche bei Führerscheintourismus – Urteil des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof hat im Fall eines Klägers, der gegen den beklagten Freistaat Schadensersatzansprüche geltend gemacht hat, weil ihm für einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr das Recht aberkannt wurde, von seiner in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, sein Urteil gefällt. Im Folgenden werden die Umstände und der Entscheidungsgrund des Gerichts näher erläutert.

Der Sachverhalt

Der Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, erwarb im September 2004 in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B. Nachdem das Landratsamt im Mai 2005 hiervon Kenntnis erhalten hatte, forderte es den Kläger erneut auf, ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten vorzulegen. Da der Kläger dies ablehnte, erkannte ihm die Behörde mit Bescheid vom 4. Juli 2005 das Recht ab, von der tschechischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Gebrauch zu machen. Der Kläger nahm gegen den gleichzeitig angeordneten Sofortvollzug erfolglos einstweiligen Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten in Anspruch. Seine Klage vor dem Verwaltungsgericht erledigte sich in der Hauptsache dadurch, dass das Landratsamt am 26. Juni 2006 seinen Bescheid vom 4. Juli 2005 im Hinblick auf den Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 6. April 2006 (Rs. C-227/05 – Halbritter/Freistaat Bayern – NJW 2006, 2173) zurücknahm.

Gemäß der Führerscheinrichtlinie des Rates

Grundsätzlich sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ohne jede Formalität anzuerkennen. Sie dürfen dabei auch nicht von sich aus mit dem Ziel, die Anerkennung zu versagen, Ermittlungen anstellen, ob der betreffende Führerscheininhaber in dem Mitgliedstaat, in dem er die Fahrerlaubnis erworben hat, einen Wohnsitz hatte, wie es nach der Führerscheinrichtlinie Voraussetzung für die Erteilung der Fahrerlaubnis ist. Dies gilt auch dann, wenn dem betreffenden Führerscheininhaber im Inland zuvor die Fahrerlaubnis entzogen worden war und die neue Fahrerlaubnis nach Ablauf einer etwa verhängten Sperrfrist wiedererteilt worden ist.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der unter anderem für Staatshaftungsansprüche zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision des beklagten Landes die Klage unter Berücksichtigung der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juni 2008 in den verbundenen Rechtssachen C-329/06 und C-343/06 (NJW 2008, 2403) und C-334 bis 336/06 abgewiesen und die Anschlussrevision des Klägers zurückgewiesen. Nach diesen Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften stellt sich die gemeinschaftsrechtliche Rechtslage, soweit es um die zweite Führerscheinrichtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 (91/439/EWG) geht, wie folgt dar: Da sich im Fall des Klägers aus seinem tschechischen Führerschein sein deutscher Wohnsitz ergab, waren die Behörden zu einer Anerkennung dieser Fahrerlaubnis nicht verpflichtet, so dass der Kläger keinen Schadensersatz beanspruchen kann.

Fazit

Der Bundesgerichtshof hat im Fall des Klägers, der Schadensersatzansprüche gegen den beklagten Freistaat geltend gemacht hat, weil ihm das Recht aberkannt wurde, von seiner in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, sein Urteil gefällt. Gemäß der Führerscheinrichtlinie des Rates sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet, einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ohne jede Formalität anzuerkennen. Da sich aber im Fall des Klägers aus seinem tschechischen Führerschein sein deutscher Wohnsitz ergab, waren die Behörden zu einer Anerkennung dieser Fahrerlaubnis nicht verpflichtet, so dass der Kläger keinen Schadensersatz beanspruchen kann.


Quelle(n): Bundesgerichtshof Urteil vom 11. September 2008 - III ZR 212/07


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