Artikel vom 24.02.2023
Kaufrecht: Aufklärungspflicht des Verkäufers beim Autoverkauf nach Erwerb von einem unbekannten Zwischenhändler
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Verkäufer eines gebrauchten Pkw den Käufer darüber aufklären muss, wenn er das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf von einem nicht im Kfz-Brief eingetragenen "fliegenden Zwischenhändler" erworben hat. Dies ist der Fall, wenn der Käufer in diesem Fall auf die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung nicht vertraut hätte und deshalb auch das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Wie man sich als Käufer beim Autokauf verhalten soll, erfahrt ihr hier.
Aufklärung über Erwerb des Fahrzeugs von einem unbekannten Zwischenhändler
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus dem Kauf eines erstmals im Jahr 1994 zugelassenen Pkw Audi A 6 geltend, den er am 21. März 2004 über einen Gebrauchtwagenhändler – den Beklagten zu 2 – als Vermittler erworben hat. Im Kaufvertragsformular ist unter dem vorformulierten Text "Gesamtfahrleistung nach Angaben des Vorbesitzers" handschriftlich "201.000 km" vermerkt; dies entspricht dem vom Tacho zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgewiesenen Kilometerstand. Als Vorbesitzer waren aus dem Kfz-Brief nur der ursprüngliche Halter sowie der seit dem 16. Februar 2004 als Halter eingetragene Beklagte zu 1 ersichtlich. Dieser hatte das Fahrzeug jedoch über den Beklagten zu 2 von einem Zwischenhändler erworben, der beiden Beklagten nur als "Ali" bekannt war und der das Fahrzeug seinerseits von einem weiteren, ebenfalls nicht als Halter im Kfz-Brief eingetragenen Vorbesitzer erworben hatte. Über diese Umstände wurde der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages nicht informiert.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass beide Beklagte dem Kläger wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet sind. Bei Vertragsverhandlungen besteht für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten kann. Ein solcher Umstand liegt vor, wenn - wie hier - der Verkäufer kurz zuvor den Pkw von einem "fliegenden Zwischenhändler" erworben hat.
Haftung des Verkäufers
Denn ohne einen entsprechenden Hinweis geht der Käufer davon aus, dass der Vertragspartner das Fahrzeug von demjenigen übernommen hat, der als letzter Halter im Kraftfahrzeugbrief eingetragen ist. Hat der Verkäufer das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf selbst von einer Person mit unbekannter Identität erworben, liegt der Verdacht nahe, dass es während der Besitzzeit des unbekannten Voreigentümers zu Manipulationen am Kilometerzähler oder einer sonstigen unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen ist. Die Verlässlichkeit der Angaben zum Fahrzeug wird dadurch grundlegend entwertet. Insbesondere kommt der Kilometerstandsanzeige und der Aussage zur "Gesamtfahrleistung nach Angabe des Vorbesitzers" hinsichtlich der tatsächlichen Fahrleistung keine nennenswerte Bedeutung zu. Da der Beklagte zu 1 als Verkäufer sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten des Beklagten zu 2 bediente, muss er sich dessen Verschulden wie eigenes zurechnen lassen. Der Bundesgerichtshof hat auch eine eigenständige Haftung des Beklagten zu 2 gemäß § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, 3, § 241 Abs. 2 BGB bejaht, weil dieser nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen als Gebrauchtwagenhändler bei der Vermittlung des Kaufvertrags zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 als Sachwalter des letzteren besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat.
Verhalten des Käufers beim Autokauf
Damit sich Käufer beim Autokauf nicht auf einen unbekannten Zwischenhändler einlassen, sollten Sie auf folgende Punkte achten:
- Prüfen Sie den Kfz-Brief, um den ursprünglichen Halter und den letzten Halter des Fahrzeugs zu ermitteln.
- Erfragen Sie den Verlauf des Fahrzeuges, um sicherzustellen, dass es nicht von einem "fliegenden Zwischenhändler" erworben wurde.
- Stellen Sie sicher, dass der Kilometerstand nicht manipuliert wurde.
- Prüfen Sie, ob das Fahrzeug eine ordnungsgemäße Wartung und Pflege erhalten hat.
Nur so können Sie sicher sein, dass Sie ein für Sie geeignetes Fahrzeug erwerben und eine unangenehme Überraschung vermeiden.
Quelle(n): Bundesgerichtshof Urteil vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 38/09