Artikel vom 22.02.2023

Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess – Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil über die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess entschieden. Der Kläger nimmt den Beklagten und seine Haftpflichtversicherung nach einem Verkehrsunfall auf restlichen Schadensersatz in Anspruch. Die Fahrt vor der Kollision und die Kollision wurden von einer Dashcam aufgezeichnet, die im Fahrzeug des Klägers angebracht war. Das Amtsgericht und das Landgericht haben das Angebot des Klägers, die Aufnahmen zu verwerten, abgelehnt, da die Aufzeichnung gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt. Der Kläger hat Berufung eingelegt und der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Doch was bedeutet das Urteil für die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess?

Datenschutzrechtliche Bestimmungen

Das Gesetz schützt die allgemeinen Persönlichkeitsrechte anderer (mitgefilmter) Verkehrsteilnehmer. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen können mit hohen Geldbußen geahndet werden. Die Aufnahme erfolgte ohne Einwilligung der Betroffenen und kann nicht auf § 6b Abs. 1 BDSG oder § 28 Abs. 1 BDSG gestützt werden. Es liegt ein Verstoß gegen § 4 BDSG vor.

Interessen- und Güterabwägung

Die Abwägung zwischen dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ggf. als Recht am eigenen Bild führt zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers. Das Geschehen ereignete sich im öffentlichen Straßenraum, in den sich der Beklagte freiwillig begeben hat. Er hat sich durch seine Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt. Es wurden nur Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet, die grundsätzlich für jedermann wahrnehmbar sind.

Verwertbarkeit der Dashcam-Aufnahmen

Ungeachtet der Unzulässigkeit oder Rechtwidrigkeit einer Beweiserhebung ist die vorgelegte Videoaufzeichnung als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess verwertbar. Der mögliche Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte anderer Verkehrsteilnehmer führt nicht zu einer anderen Gewichtung. Schließlich ist im Unfallhaftpflichtprozess zu beachten, dass das Gesetz den Beweisinteressen des Unfallgeschädigten durch die Regelung des § 142 StGB ein besonderes Gewicht zugewiesen hat.

Fazit

Das Urteil des Bundesgerichtshofs bedeutet, dass Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess verwertbar sind. Es ist zwar ein Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte anderer Verkehrsteilnehmer, doch die Interessen des Klägers überwiegen. Im Unfallhaftpflichtprozess müssen die Beweisinteressen des Unfallgeschädigten durch die Regelung des § 142 StGB berücksichtigt werden.

FAQ zum Artikel

Welche Entscheidung hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs über die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess getroffen?

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Verstößt die Videoaufzeichnung gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen?

Ja, die Aufzeichnung verstößt gegen § 4 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).

Welche Interessen werden bei der Abwägung zwischen dem Beweisführer und dem Beweisgegner berücksichtigt?

Es wird eine Abwägung zwischen dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, seinem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ggf. als Recht am eigenen Bild andererseits berücksichtigt.


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